"Behandelt wie Tiere": Verheerende Situation für ukrainische Leihmütter
Auf die durch den Ukraine-Krieg drastisch verschärfte Situation ukrainischer Leihmütter hat das Wiener Bioethikinstitut IMABE hingewiesen. Der Krieg habe die Schattenseiten des "Baby-Business" auf tragische Weise sichtbar gemacht, berichtete Geschäftsführerin Susanne Kummer am Montag der Nachrichtenagentur Kathpress.
Die Ukraine galt bisher als beliebte und kostengünstige Destination des Reproduktionstourismus: Jährlich 2.000 bis 2.500 Kinder wurden zuletzt von ukrainischen Frauen gegen Bezahlung ausgetragen für andere Paare, die zu 90 Prozent aus dem Ausland bestellten. Die Agentur BioTexCom mit Sitz in Kiew hält 25 Prozent am globalen Markt für Leihmutterschaft, wobei ein Kind für die Auftraggeber zwischen 40.000 und 65.000 Euro kostet, erklärte Kummer unter Verweis auf Erhebungen des "Journal of Public and International Affairs" der Princeton University im Jahr 2020. Ukrainerinnen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren, zumeist aus prekären sozialen Verhältnissen, würden mit 8.000 bis 10.000 Euro Honorar - dem Dreifachen eines ukrainischen Jahresgehalts - gelockt, ihren Körper zur Verfügung zu stellen. Das Gros der Einnahmen geht an Vermittlungsagenturen.
Schon vor dem Krieg war die Situation für Leihmütter eine in vielerlei Hinsicht schwierige: Sobald mit dem fremden Embryo schwanger, seien die betroffenen Frauen in einer Wohnung weit weg von ihren Heimatstädten und unter Aufsicht eines Vorgesetzten versammelt und zur Einhaltung strenger Zeitpläne gezwungen worden. Auch zu möglichen Abtreibungen könnten sie vertraglich verpflichten werden.
Angesichts der aktuellen Kriegssituation frage sich niemand, wer sich in zerbombten Häusern und Spitälern um die medizinische Versorgung der Leihmütter kümmere, kritisierte Kummer. Die jungen Frauen würden von den Agenturen teils angehalten, ihr Kind abtreiben zu lassen, andere erlitten Fehlgeburten. De facto hätten die Frauen dann keinen Anspruch auf Bezahlung oder Entschädigung, da diese laut Vertrag erst bei der Ablieferung eines gesundes Baby abgeliefert ausgezahlt wird. Viele Betroffene würden berichten, man behandle sie wie "Tiere".
Ein anderes Dilemma ergibt sich laut Kummer dadurch, dass laut ukrainischem Gesetz beide zahlenden Elternteile nach der Geburt des Kindes durch die Leihmutter physisch anwesend sein müssen, um die notwendigen Formalitäten zu erledigen, damit das Paar als rechtmäßige Eltern des Kindes anerkannt wird. Behördengänge seien in der Ukraine jedoch derzeit unmöglich. Eltern würden darauf pochen, dass ihnen das Kind trotzdem übergeben wird - und es nicht verstehen, warum sie ihre Babys nicht ohne Papiere nach Hause fliegen können.
"Es gibt keinen Kinderhandel für einen guten Zweck", verwies Kummer an die UN-Kinderrechtskonvention; auch seien Frauen keine Sklavinnen. Auch angesichts dessen, dass Leihmutterschaft zu einem profitablen Geschäftszweig geworden ist, sei ein internationales Verbot dieser Praxis unbedingt nötig, erneuerte die IMABE-Geschäftsführerin eine bereits oftmals erhobene Forderung.