Thronfolge in Blau-Weiß: Söder nimmt Maß
Von Evelyn Peternel
Ausgerechnet Bayreuth. Dort, wo Horst Seehofer normalerweise Heimspiel hat, wo er sich gemeinsam mit der Kanzlerin zu Wagner-Klängen in die Ferien verabschiedet, musste der CSU-Chef heuer passen. Beim Staatsbankett nach der Tristan-und-Isolde-Premiere überließ der bayerische Landesvater diesmal seinen Stellvertretern das Parkett – und fuhr ins Spital.
"Blut lockt Haie"
Einer, der Seehofers Erbe nur zu gerne antreten würde, ist sein eigener Finanzminister Markus Söder. Schon seit Längerem versucht der 48-Jährige, die Staatskanzlei für sich zu reklamieren; die Schwäche des Ministerpräsidenten ist da nun geradezu eine Einladung. "Blut lockt die Haie", kommentiert die Süddeutsche – denn die beiden verbindet eine Geschichte voller gegenseitiger Anwürfe.
Breitseiten
Umgekehrt lässt der junge Finanzminister nichts unversucht, um auf die Angeschlagenheit des alten Landeschefs hinzuweisen – gesundheitlich wie politisch. Dass Seehofers Lieblingsprojekte Pkw-Maut und Betreuungsgeld nun gekippt wurden, ist für Söder eine Steilvorlage. Gemein haben die beiden den Hang zum Populismus. Bei Parteiveranstaltungen gibt Söder gern den politischen Unterhalter: "Deutschland geht es nur so gut, weil es uns Bayern gibt", hört man da von ihm. Oder: "Ich habe meinen Doktor gemacht und ihn sogar bis heute behalten" – eine Breitseite des promovierten Juristen auf Karl-Theodor von Guttenberg, den Seehofer gerne als Kronprinz gehabt hätte (siehe Artikel rechts).
Wer, wenn nicht Söder? Die Liste jener CSUler, die Horst Seehofer gerne beerben möchten, ist lang. Bestimmen will die Nachfolge, so hätte es der Parteichef zumindest gerne, er selbst: Seehofer will der Partei damit eine Schlammschlacht wie 2007 nach Edmund Stoibers Rückzug ersparen.
Die besten Chancen hat dabei Ilse Aigner, derzeit Wirtschaftsministerin in München – die 50-Jährige ist in der Partei bestens verankert, wirkt im Vergleich zu Söder aber recht brav. Konkurrenz machen könnte ihr Marcel Huber, er ist Leiter der Staatskanzlei und damit die rechte Hand Seehofers. Außenseiterchancen hat auch Manfred Weber, Sprecher der EVP-Gruppe in Brüssel. Alexander Dobrindt, von Seehofer entsandter CSU-Verkehrsminister in Berlin und einst Hoffnungsträger der Partei, kann sich nach der Schlappe um die Pkw-Maut kaum mehr Hoffnungen auf die Nachfolge seines Parteichefs machen.
Offiziell nicht von Seehofer genannt wird Karl-Theodor zu Guttenberg, wenngleich der Parteichef keinen Hehl daraus macht, dass er gerne einen "Visionär" wie ihn in seinem Team hätte. Der 43-Jährige war 2011 nach der Affäre um seinen Doktortitel zurückgetreten. Dass er aus den USA nach Bayern zurückkehrt, scheint derzeit unwahrscheinlich.