Politik/Ausland

Seehofers Kampf ums "Mia san mia"

Bayern ohne die CSU? Undenkbar. Die CSU ohne absolute Mehrheit? Ebenso.

Die Schmach, die den Christsozialen seit 1954 erst einmal zuteil wurde, unter Horst Seehofers unglücklichem Vorgänger Günther Beckstein nämlich, soll sich nie mehr wiederholen, so das Mantra in München. Logisch, dass eine kürzlich veröffentlichte Forsa-Umfrage den Parteichef zum Schäumen brachte: Von 47,7 Prozent bei der Wahl 2013 auf nur mehr 40 Prozent ist die CSU da gefallen. Das könne nicht stimmen, das Umfrageinstitut betreibe selbst Politik, hieß es prompt.

Die Reaktion illustriert gut, wie es um die Hausmacht der CSU bestellt ist. In der Umfrage kommt die AfD auf zehn Prozent – damit sind die Rechtspopulisten nicht nur in Berlin, sondern auch in Bayern zur ernsthaften Konkurrenz geworden. Die Vorgabe von CSU-Urgestein Franz-Josef Strauß, es dürfe "rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben", hat sich damit erledigt – schließlich setzt die AfD auf noch mehr Heimatliebe, auf noch mehr Abschottung, auf noch mehr "Mia san mia".

Forderungskatalog an Berlin

Nicht umsonst sind die Töne aus Bayern derzeit so rabiat. Am Donnerstag ließ man einen Forderungskatalog durchsickern, der bei einer Klausur am Wochenende abgesegnet wird. Darin wird, kondensiert auf fünf Seiten, ein Umlenken in der Flüchtlingspolitik gefordert – durch ein Verbot von Burkas, den "Uniformen des Islamismus", wie man sagt, mit "Vorrang für Zuwanderer aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis", Obergrenzen, Transitzonen, scharfen Grenzkontrollen.

Es ist ein Frontalangriff auf Angela Merkel – dass in dem Papier der Satz "Deutschland muss Deutschland bleiben" steht, gibt dem zusätzlich Würze. Merkel hat den Satz erst am Mittwoch bei ihrer Rede im Bundestag in ganz ähnlicher Weise benutzt: "Deutschland wird Deutschland bleiben", sagte sie, die hoffnungsvolle Variante von Seehofers Aussage.

Spitzen gegen Österreich

Auch mit Österreich hat man sich nochmals angelegt. Anlässlich der Klage Österreichs gegen Ungarn – in Budapest weigert man sich ja, Flüchtlinge zurückzunehmen –, ätzte CSU-Generalsekretär Scheuer: "Dann wird wohl auch Österreich viele Flüchtlinge von Deutschland zurücknehmen". Eine Kritik, die man im Innenministerium in Wien so gar nicht versteht. "Wir halten uns an die Regeln", so eine Sprecherin zur APA. Im Regelfall würden alle Dublin-Fälle innerhalb von 14 Tagen zurückgenommen.

Das laute Dauerfeuer aus München hat auch interne Gründe. Dass die CSU sich klar von der AfD zu distanzieren versucht, gefällt nämlich nicht allen Parteimitgliedern. Manche laufen deshalb sogar über: Der junge CSUler David Bendels trat kürzlich unter großem Medien-Wirbel aus der Partei aus, weil die Führung ihm einen Auftritt mit der AfD untersagt hatte. Das war Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten. Seither engagiert sich Bendels für die AfD, und er scheut sich da auch nicht, alte CSU-Argumente in den Ring zu werfen. "Man hört Franz-Josef Strauß in seiner Gruft in Rott am Inn rotieren", kommentierte er Seehofers Forderungskatalog an Merkel. "Mia san mia", nur ein bisschen deftiger.