Politik/Ausland

Schock und Rätselraten in Bangkok

Der Verkehr fließt, die Einkaufszentren und Sehenswürdigkeiten sind geöffnet, und doch steht Bangkok nach dem Blutbad in einem der beliebtesten Touristenviertel weiter unter Schock. "Die Bombe hatte das Ziel, so viele Menschen wie möglich zu töten", betonte ein Polizeisprecher. Und Thailands Regierungschef Prayuth Chan-ocha sprach am Dienstag in einer TV-Ansprache von der "schwersten Attacke, die das Land je erlebt hat". Er versicherte, dass die Verantwortlichen gefunden würden. Das Problem dabei: Experten und Behörden rätseln, wer hinter dem für Thailand beispiellosen Bombenanschlag steht.

Nach einem verdächtigen Mann – möglicherweise kein Thai – wird fieberhaft gefahndet. Eine Kamera hat ihn gefilmt, wie er seinen Rucksack am Rand des Erawan-Schreins, wo später die Bombe detonierte, zurückließ und ruhig davon ging. Ein Mann, der ihm zumindest ähnelt, wurde am Flughafen Suvarnabhumi gestoppt. Er darf nicht ausreisen.

Viele Touristen wollten am Dienstag nichts wie weg aus Bangkok. Erst recht, als die Nachricht kam, dass ein Unbekannter eine Rohrbombe auf Menschen bei einer Anlegestelle für Ausflugsboote werfen wollte. Die Bombe landete im Fluss, verletzt wurde niemand. Saphan Thaksin ist der wichtigste Pier für Ausflugsboote in Bangkok – auch für Fahrten zum Königspalast.

Gleiche Bombenbauart

Untersuchungen beider Bombenüberreste deuteten darauf hin, dass die Sprengsätze von denselben Tätern hergestellt worden seien, sagte Polizeichef Somyot Pumpunmuang laut der Bangkok Post. In den Sprengkörpern seien Spuren von TNT gefunden worden, das mit einem Zeitzünder versehen in ein Rohr gestopft worden war.

Armeechef Udomdej Sitabutr sagte, die Vorgehensweise und die Bauweise des Sprengsatzes passten nicht zu den muslimischen Separatisten im Süden, die die Armee seit Jahren bekämpft. Und auch die politischen Opponenten, die Rothemden, haben noch nie auf Menschenmengen Anschläge verübt. "Es ist noch zu früh, um über die Gruppe zu spekulieren, die dafür verantwortlich sein könnte", sagte ein Regierungssprecher. "Wir rufen alle zur Ruhe auf, damit die Sicherheitskräfte ihre Arbeit machen können." 1160 zusätzliche Sicherheitskräfte seien im Einsatz.

Eines ist für den regierenden Ex-Armeechef Prayuth, der sich im Vorjahr an die Macht geputscht hatte, klar: "Sie wollen unsere Wirtschaft und den Tourismus zerstören." Unter den 20 Todesopfern sind etliche Ausländer, darunter eine Britin. Auch unter den 125 Verletzten, die zum Teil schwere Verbrennungen erlitten haben, sollen viele Urlauber sein.

"Körperteile im Pool"

Die Südtiroler Familie Fabbiani, ein Paar mit drei Kindern, relaxte zum Zeitpunkt der Detonation am Pool des angrenzenden Luxushotels Hyatt Erawan. "Das ganze Gebäude hat gewackelt", erzählt der 44-jährige Familienvater. Dann habe sein Sohn etwas bemerkt: "Im Poolbereich landeten kleine Trümmerstücke und Körperteile."

Das Außenamt in Wien rät Bangkok-Urlaubern, wachsam zu bleiben und die aktuellen Nachrichten, Reise- und Sicherheitshinweise aufmerksam zu verfolgen. Große Menschenansammlungen sollten vermieden werden – ein Rat, der in der wuselnden Millionenmetropole schwer zu befolgen ist.

"Es ist sehr untypisch für Anschläge in Bangkok, dass man nicht weiß, von wem und vor allem gegen wen dieser ausgegangen ist", sagt Gustav Gressel, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Bangkok. "Untypisch ist vor allem, dass die Bombe gegen die Bevölkerung gerichtet war." Vor ungefähr zwei Monaten wurde bereits eine Bombe in der Nähe des Shoppingcenters beim Erawan-Schrein deponiert, sie sei jedoch nicht hochgegangen.

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