Syrien: 100 Inspekteure laut Ban nötig
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon will zur Überwachung der Zerstörung aller syrischen Chemiewaffen eine neue Mission mit 100 Mitarbeitern aufbauen. Auf die in das Bürgerkriegsland entsandten Experten, die bis Mitte kommenden Jahres die Vernichtung des Arsenals sicherstellen sollen, warteten allerdings noch nie dagewesene Sicherheitsrisiken, warnte Ban in einem Brief, der nach Angaben der Vereinten Nationen am Montag (Ortszeit) den Mitgliedern des Weltsicherheitsrats vorgelegt wurde.
"Gefährlich und unberechenbar"
Das Team werde sich an einem Einsatz versuchen, "der so noch nie zuvor durchgeführt worden ist". Die Umstände seien "gefährlich und unberechenbar". In Syrien tobt seit März 2011 ein Bürgerkrieg. In dem Papier, das die möglichen Grundlagen der geplanten Mission aufzeichnet, schlägt Ban einen gemeinsamen Einsatz der UN und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) vor. Das 100-köpfige Personal soll sich auf beide Organisationen verteilen. Die OPCW werde die "technische Führung" übernehmen, die UN die "strategisch koordinierende Rolle". Ein Leiter der gemeinsamen Mission solle noch ernannt werden. Bei den von Ban skizzierten Grundlagen handelt es sich zunächst um Vorschläge. Bevor diese umgesetzt werden könnten, müssten sie vom Sicherheitsrat in eine Resolution gegossen und verabschiedet werden.
Stützpunkt Zypern
Um die hohen Sicherheitsrisiken soweit wie möglich in Griff zu bekommen, solle die Mission einen Stützpunkt in Zypern aufbauen. Nach Syrien solle lediglich der Teil des Personals geschickt werden, der unbedingt vor Ort erforderlich sei, schlug Ban vor. Das Team solle in drei Phasen arbeiten: Zunächst Koordinierung und Planung, dann Lokalisierung und Sicherstellung der Chemiewaffen und schließlich Überwachung ihrer Zerstörung. Finanziert werden soll der Einsatz aus dem Budget von UN, OPCW und einem neu zu gründenden Fonds.
Bei der Vernichtung selbst Hand anlegen, dürften die Experten allerdings nicht, betonte Ban. Trotzdem: "Die dritte Phase wird die schwierigste und herausforderndste: Zwischen dem 1. November 2013 und 30. Juni 2014 (in einem Zeitraum von acht Monaten) wird von der gemeinsamen Mission erwartet, dass sie die Zerstörung eines komplexen Chemiewaffenprogramms mit mehreren Lagerstellen, verteilt in einem Land, das in einen gewaltsamen Konflikt verstrickt ist, unterstützt, überwacht und überprüft." Es handle sich dabei insgesamt um 1.000 Tonnen chemische Waffen, Stoffe und Zutaten, die "schwierig zu handhaben, zu transportieren und zu zerstören" seien.
Bundespräsident Heinz Fischer hat äußerst kühl auf das kürzlich von Syriens Präsident Bashar al-Assad geäußerte Lob für Österreich reagiert. Assad hatte in einem Interview mit dem Hamburger Magazin Der Spiegel erklärte: "Deutschland und Österreich haben noch den objektivsten Blick, scheinen am ehesten zu erfassen, was Realität ist." Dazu meinte Fischer am Montag auf dem Flug zu seinem Spanien-Besuch auf Anfrage der APA: "Konsequenzen für Österreich würde ich nicht ableiten".
Es sei richtig, so der Bundespräsident, dass Deutschland und Österreich in intensiver und möglichst objektiver Weise die Vorgänge in der Region beobachten. "Wir werden das auch fortsetzen", so Fischer, der Assad 2009 in Wien empfangen hatte. Allfällige Vermittlungsbemühungen müssten aber von außen an Österreich herangetragen werden. Allerdings gebe es mit dem Sondergesandten Lakhdar Brahimi bereits einen offiziellen Vermittler.
Iran: Rohani "dialogfähig"
Gefragt nach seiner Einschätzung des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani meinte Fischer, er teile die Auffassung der führenden Persönlichkeiten in Europa, dass dieser anders als sein Vorgänger Mahmoud Ahmadinejad dialogfähig sei. Man sollte diese eröffnete Möglichkeit nicht leichtfertig versäumen, sagte Fischer, der am Rande der UN-Vollversammlung mit Rohani zusammengetroffen war. Es wäre ein Fehler, die Chancen, die sich aus dem personellen Wechsel ergeben, nicht wahrzunehmen. Es sei ihm aber klar, fügte Fischer hinzu, dass der iranische Präsident angesichts der verschiedenen Institutionen im Iran nicht im "luftleeren Raum" entscheiden könne.