350.000 Kinder sitzen in West-Mossul fest
Die irakischen Streitkräfte haben am Sonntag eine Offensive auf den Westen der IS-Hochburg Mossul begonnen. Zwei Dörfer seien während des Vormarsches von Süden auf die nordirakische Millionenstadt eingenommen worden, teilte die Armee mit. Ministerpräsident Haider al-Abadi hatte die Offensive zuvor in einer Fernsehansprache angekündigt. "Unsere Truppen beginnen mit der Befreiung der Bürger vom Terror des IS", sagte er.
Die irakische Armee hatte den Ostteil Mossuls vor knapp einem Monat mit Hilfe der internationalen Anti-IS-Koalition und kurdischer Peshmerga-Kämpfer unter ihre Kontrolle gebracht. Nun soll auch der westlich des Flusses Tigris liegende Stadtteil erobert werden. Dieser ist dichter besiedelt als der östliche Teil. Experten erwarten einen blutigen "Häuserkampf" gegen die Kräfte des "Islamischen Staates" (IS).
650.000 Zivilisten nach wie vor im IS-kontrollierten Teil
Zuvor hatte die Luftwaffe nach Angaben des Verteidigungsministerium Millionen Flugblätter über dem Gebiet abgeworfen, um die Bevölkerung zu warnen. Der IS sei zudem zur Aufgabe aufgefordert worden. Al-Abadi forderte seine Streitkräfte auf, während der Schlacht um Mossul die Menschenrechte zu respektieren.
Es wird geschätzt, dass sich neben den IS-Kämpfern noch etwa 650.000 Zivilisten im Westen Mossuls aufhalten. Die UN-Koordinatorin für den Irak, Lise Grande, warnte am Samstag vor Massenvertreibungen. Die erwartete Offensive könnte auch zu einer Belagerung der dicht bevölkerten Altstadt führen, sagte sie. Wegen der für Panzerfahrzeuge unpassierbaren engen Gassen gilt der angekündigte Angriff auf den Westteil als besonders schwierig.
Hauptstadt des IS im Irak
Der Befehlshaber der von den USA angeführten Anti-IS-Koalition, General Stephen Townsend, warnte vor einem Kampf „der für jede Armee der Welt hart wäre“. Der IS hatte Mossul 2014 in einem blitzartigen Vorstoß besetzt und von dort ein Kalifat ausgerufen, das bis nach Syrien reicht.
Türkei fordert Stopp der US-Hilfe für Kurdenmiliz YPG
In Syrien richtet sich der Fokus indes auf die komplizierten Allianzen, die in den sechs Jahren, in denen der Bürgerkrieg nun schon wütet, entstanden sind. Insbesondere die Rolle der Kurdenmiliz YPG sorgt für Unstimmigkeiten. Es sei falsch, sich für den Kampf gegen eine Terrororganisation auf eine andere Terrororganisation zu verlassen, kritisierte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu die US-Unterstützung für die YPG am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
Die YPG bildet das militärische Rückgrat der Kurdengebiete im Norden Syriens an der Grenze zur Türkei. Die Regierung in Ankara befürchtet, dass dies Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden in der Türkei anfachen kann. Die Türkei betrachtet die YPG als Partner der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und stuft sie als Terrororganisation ein.
Schlagkräftigster Partner der USA
Die YPG gilt zugleich als schlagkräftigster Partner der USA im Kampf gegen die Extremistenmiliz IS am Boden in Syrien. US-Verteidigungsminister Jim Mattis soll im Auftrag des neuen US-Präsidenten Donald Trump in den kommenden Wochen einen Plan zur Zerschlagung des IS ausarbeiten. Eine der offenen Fragen dabei ist, ob die USA sich entscheiden werden, mehr Elitetruppen oder sogar erstmals reguläre Truppen nach Syrien zu schicken.
Bisher ist dort lediglich eine begrenzte Zahl von US-Spezialkräften im Einsatz. Cavusoglu stellte sich hinter die UN-Friedensverhandlungen für Syrien in Genf. Diese müssten die Basis für eine politische Lösung bilden, sagte er. Die Türkei war auch an den von Russland und dem Iran organisierten Waffenstillstandsgesprächen in Astana beteiligt, die als Konkurrenz zu den Verhandlungen in Genf gelten.