Politik/Ausland

Wieder sexuelle Übergriffe auf dem Tahrir-Platz

Im Zuge der Protestaktionen in Ägypten werden erneut sexuelle Übergriffe gegen Frauen gemeldet. Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichtet von mehr als 90 innerhalb weniger Tage und beruft sich dabei auf Aktivisten. Demnach gab es am 28. Juni fünf, und am Sonntag, dem 30. Juni, dem Hauptdemonstrationstag, 46 Übergriffe. Am 1. Juli waren es 17 und am 2. Juli 23.

Die Angriffe folgen laut HRW jeweils einem ähnlichen Muster: Eine Gruppe junger Männer macht eine Frau ausfindig, kreist sie ein, attackiert sie, reißt ihr die Kleider vom Leib oder vergewaltigt sie. In einigen Fällen wird das Opfer fortgeschleift, die Gewalttaten gehen dann an einem anderen Ort weiter. Frauen wurden mit Messern, Eisenketten, Stöcken und Stühlen angegriffen. Mehrmals mussten Frauen ins Krankenhaus gebracht werden.

Frauen wehren sich

HRW beklagte in dem Bericht das "Desinteresse der Regierung" für die Vorfälle und die "Straffreiheit" für die Täter. Ägyptische Frauenrechtsgruppen machen mittlerweile gegen die Angriffe mobil. Sie starteten Online-Kampagnen und organisieren unter anderem Menschenketten zum Schutz der Frauen. Nach Angaben der in Kairo ansässigen Frauenrechtsgruppe Nasra wollen die Täter die Frauen durch ihre Angriffe verängstigen, aus dem öffentlichen Leben verbannen und für ihre Teilnahme an den Protesten bestrafen.

Journalistinnen unter den Opfern

Zu den ersten Opfern eines sexuellen Angriffs auf dem Tahrir-Platz gehörte im Februar 2011 die Korrespondentin des US-Fernsehsenders CBS, Lara Logan. Im November 2011 wurde eine Journalistin des Senders France 3 während einer Demonstration auf dem Tahrir-Platz geschlagen und sexuell angegriffen. Kurz zuvor hatte eine US-ägyptische Fernsehjournalistin berichtet, dass sie im Bereich des Tahrir-Platzes Opfer sexueller Gewalt von Polizisten wurde. Im Oktober 2012 attackierten Unbekannte die Korrespondentin des französischen Senders France 24 in Ägypten, Sonia Dridi.

Kleriker geben Opfern die Schuld

Erzkonservative Kleriker geben den Opfern die Schuld an den Angriffen. Die Erklärung: Laut Scharia sei ihnen nicht erlaubt, sich unter Männer zu mischen.

Joe Stork, Vizedirektor von Human Rights Watch für den Nahen Osten forderte zuletzt Regierung und politische Parteien zum Handeln auf: "Dies sind schwere Verbrechen, die Frauen daran hindern sollen, in einer so kritischen Phase an dem öffentlichen Leben ihres Landes zu partizipieren."