300.000 Eingekesselte: Heftige Kämpfe um belagertes Aleppo
Von Irene Thierjung
Mit einer Offensive versuchen islamistische Rebellen, den Belagerungsring der syrischen Armee um die Großstadt Aleppo zu durchbrechen. Am Sonntag beschossen Kämpfer Gebiete im Süden der Metropole, die seit zwei Wochen von der Umwelt abgeschnitten ist, während die Luftwaffe Rebellenviertel bombardierte. Gestern gab es erneut heftige Gefechte, ein russischer Militärhubschrauber, der angeblich Hilfsgüter nach Aleppo gebracht hatte, wurde abgeschossen. Wer für den Angriff mit fünf Toten verantwortlich war, war vorerst unklar.
"Zynisches Spiel"
Das Angebot der syrischen Regierung und der sie unterstützenden russischen Armee, über vorige Woche eingerichtete, sogenannte sichere Korridore zu fliehen, haben nach offiziellen Angaben bisher nur wenige Menschen in Anspruch genommen – wohl aus Angst, wie ein aus Aleppo geflohener Arzt sagt: "Wie kann man einer Regierung vertrauen, die Schulen und Spitäler bombardiert?" Auch der deutsche Außenminister Steinmeier sprach von einem "zynischen Spiel". Anderen Berichten zufolge hinderten Rebellen Zivilisten an der Flucht.
Getragen wird die Offensive – laut Beobachtern die heftigste der vergangenen Monate – offenbar von zwei islamistischen Gruppen. Es handelt sich um die Ahrar al-Sham und die frühere Al-Nusra-Front. Diese benannte sich letzte Woche in Jabhat Fatah al Sham um und sagte sich indirekt von El Kaida los, als deren Ableger sie galt.
Jabhat Fatah al Sham gehört zu den stärksten Milizen in Syrien und kooperiert auch mit gemäßigteren Oppositionsgruppen. Die Rolle der Miliz im Krieg ist stets Streitpunkt bei Friedensgesprächen. Ende August soll nun eine neue internationale Verhandlungsrunde beginnen. Syrien sagte seine Teilnahme zu, verbat sich aber zugleich "ausländische Einmischung" in seine Politik.