20 Jahre Lagerhaft für ukrainischen Regisseur
Ein russisches Gericht hat den ukrainischen Regisseur Oleg Senzow wegen Terrorvorwürfen zu 20 Jahren Haft in einem Straflager verurteilt. Die Richter im südrussischen Rostow am Don sprachen den 39-Jährigen am Dienstag wegen "Bildung einer terroristischen Vereinigung" und Waffenschmuggels schuldig.
Gegen Senzows Mitangeklagten, den ukrainischen Aktivisten Alexander Koltschenko, verhängte das Militärgericht eine zehnjährige Freiheitsstrafe.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sprach dem Regisseur unmittelbar nach der Urteilsverkündung Mut zu. "Warte ab, Oleg! Es wird eine Zeit kommen, in der diejenigen, die diesen Prozess gegen dich organisiert haben, selbst auf der Anklagebank sitzen", schrieb er im Online-Dienst Twitter. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einer "himmelschreienden Ungerechtigkeit" und einem "offenkundig unfairen Verfahren, das von glaubwürdigen Foltervorwürfen überschattet wurde". Den beiden Verurteilten wurde als Russen der Prozess gemacht, obwohl sie nie die russische Staatsbürgerschaft beantragt hatten.
Regisseure forderten Freilassung
Neben namhaften Regisseuren, unter ihnen Wim Wenders, der Spanier Pedro Almodóvar und der britische Filmemacher Mike Leigh, hatten auch die EU und die USA die Freilassung der beiden Männer gefordert. Die Unterstützer der Angeklagten bezeichneten die Vorwürfe als politisch motiviert.
Die Staatsanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche 23 Jahre Straflager für Senzow verlangt. Für seinen Mitangeklagten Koltschenko, einem Kritiker des russischen Vorgehens auf der Krim, forderte die Anklage zwölf Jahre Haft. Die beiden Ukrainer wiesen die Vorwürfe zurück. Senzow berichtete in seinem Abschlussplädoyer am vergangenen Mittwoch über Folter während seiner Untersuchungshaft. Der Regisseur saß seit Mai 2014 in einem Hochsicherheitsgefängnis in Moskau.
Foltervorwürfe
Nach Angaben von Anwälten der Angeklagten waren auch Zeugen gefoltert worden, um sie zu Aussagen gegen Senzow und Koltschenko zu zwingen. Die Zeugen sollten Belege dafür liefern, dass die beiden Männer der rechtsextremen ukrainischen Gruppierung Rechter Sektor angehören. Zwei Zeugen, die sich weigerten auszusagen, wurden im Zusammenhang mit dem Fall zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Die Regierung in Kiew betrachtet Senzow und Koltschenko als zwei von insgesamt elf politischen Häftlingen mit ukrainischem Pass, die derzeit in russischen Gefängnissen sitzen. Unter ihnen befindet sich auch die Kampfpilotin Nadja Sawtschenko, die sich wegen der mutmaßlichen Beteiligung an der Tötung zweier russischer Journalisten vor Gericht verantworten muss.