Tesla Model 3 im Test: Die Wartezeit hat ein Ende
Von Maria Brandl
Mit gewissen Verzögerungen ist zu rechnen: Das gilt auch für Tesla und das Model 3, das den US-E-Autohersteller endgültig auf dem Massenmarkt etablieren soll. Inzwischen gibt es die Zulassung auch für die EU, im März werden die ersten Model 3 in Österreich ausgeliefert, so der Tesla-Sprecher. Wir konnten schon vorab ein paar Proberunden damit fahren.
Erster Eindruck: Das Model 3 ist deutlich kürzer als das Model S, fällt dadurch den Passanten auch weniger auf. Geöffnet wird mit einer Karte, die man an eine bestimmte Stelle an der B-Säule hält oder per App und Smartphone. Die Türgriffe außen fahren nun nicht mehr aus, sondern werden gedrückt. Innen öffnen die Türen elektrisch (bei Stromausfall auch mechanisch wie übrigens auch der Kofferraumdeckel hinten).
Cockpit
Innen dominiert das knackige Lenkrad und ein großer Bildschirm das Cockpit – sonst nichts. Es gibt keine einzige Anzeige abseits des Bildschirms. An Reglern gibt es nur zwei im Lenkrad, etwa für das Verstellen der Außenspiegel oder ein „Reset“, dazu ein paar Schalter hinter dem Rückspiegel, etwa für die Alarmblinkanlage. Selbst das Handschuhfach ist nur per Druck auf den Bildschirm zu öffnen. Laut Tesla-Sprecher ist das Model 3 aber auch dann fahrbereit, wenn der Bildschirm ausfällt. Allerdings sieht man dann das Fahrtempo nicht.
Das ist ein ziemlich radikal einfaches Bedienkonzept, was die Zahl der Teile betrifft, das aber wohl einen guten Ausblick auf die Zukunft in vielen Autocockpits erlaubt. Die Tesla-Entwickler haben es zudem wieder geschafft, die Bedienung trotzdem logisch und somit leicht verständlich zu gestalten. An der Ablenkung von der Fahraufgabe, etwa wenn man die Lautstärke verstellen will, ändert dies aber wenig. Die Sprachbedienung versteht zwar die Befehle sofort und damit deutlich besser als viele noble Konkurrenzmodelle, führt sie aber nicht immer aus. Offenbar ein Kommunikationsproblem.
Neu ist auch die Art der Klimatisierung, die über einen schmalen Schlitz erfolgt und via Bildschirm individuell eingestellt werden kann. Grundsätzlich funktionierte die Heizung im Probemodell exzellent, ohne dass die Reichweite radikal dahinschmolz. Das Bedienungshandbuch ist über den Bildschirm abzurufen.
Für den Start ist die Zugangskarte auf die Mittelkonsole zu legen. Geschaltet wird traditionell per Hebel rechts beim Lenkrad. Auch Blinker, Fernlicht und Fensterheber sind wie gewohnt zu bedienen.
In Fahrt
Die Anfahrbeschleunigung ist gewohnt beeindruckend. Unser Probemodell entsprach der Version „Performance“ (Leistung) mit Allradantrieb und einer Beschleunigung von 0 auf 100 in 3,5 sec (siehe Zusatzartikel). Traktionsschwierigkeiten traten damit auch bei winterlichen Fahrbedingungen im Rahmen der Physik nicht auf.
Sehr viel Spaß macht auf kurvenreichen Straßen die selbst in der Version „Standard“ direkte Lenkung in Kombination mit dem Gaspedal und dem ebenfalls auf „Standard“ eingestellten regenerativen Bremssystem (per Bildschirm können verschiedene Modi ausgewählt werden). Per Bremspedal gebremst werden muss nur selten, außer wenn die Meldung am Bildschirm auftaucht: „Regeneratives Bremssystem limitiert“, aus welchen Gründen auch immer. Die Bremsleistung selbst wurde inzwischen nach anfänglich unterdurchschnittlichen Werten per Software verbessert, auch da gibt Tesla wohl einen Ausblick auf die Zukunft.
Reichweite
Auf der Autobahn lässt sich die tolle Beschleunigung selbst mehrmals testen, ohne die Reichweite sofort extrem zu senken, aber beim Höchsttempo sollte sich der Lenker auf 120 km/h beschränken, will er mehr als 400 km ohne nachzuladen zurücklegen.
Mit einem Mix von Stadt, Land und Autobahn sind auch im Winter bei uns Strecken von mehr als 420 km mit einer Ladung möglich, wie unsere Proberunden zeigten. Die Speicherkapazität der Batterien gibt Tesla beim Model 3 nicht an, nur die Normreichweite laut WLTP (siehe Zusatzartikel). Die Kapazität dürfte aber wohl mehr als 80 kWh betragen.
Laden
Geladen werden kann übrigens per Schukostecker, an der Wallbox (mit dreiphasigem Wechselstrom) oder auch per EU-Einheitsstecker CCS. Der Ladeanschluss ist hinten links. Mit dem Schukostecker wurden am Bildschirm für 33 % Reichweite 16h35 Ladezeit angegeben. Laut Tesla werden 15 km Reichweite pro Stunde mit Schukostecker geladen, 80 km Reichweite mit einer 11-kW-Wallbox.
Komfort Er ist im Model 3 sehr gut, auch im Heck sitzen zwei oder drei Erwachsene angenehm. Dazu gibt es noch einen voluminösen Kofferraum hinten sowie vorne im Motorraum. Der hintere lässt sich durch die asymmetrisch umlegbaren Rückenlehnen auch erweitern. Eine Anhängelast ist nicht erlaubt.
Verarbeitung
Die Verarbeitungsqualität fordert die europäische Konkurrenz nicht heraus. Auf Kopfsteinpflaster ist etwa das Knarzen der Innenverkleidung nicht zu überhören.
Autopilot
Er war im Probemodell noch nicht freigeschaltet.
Spaß
Für Unterhaltung ist im Model 3 im Übermaß gesorgt, etwa über den „Santa Modus“ mit Kaminfeuer am Bildschirm oder „Furzen on demand“ (in wählbarem Ausmaß). Kinder und Junggebliebene werden die Funktionen lieben.
Technische Daten: Tesla Model 3
Maße Lx B x H 4694 x 1933 x 1443 mm, Radstand 2875 mm, Laderaum 542 Liter, 5 Sitzer, Bodenfreiheit 140 mm.
Gewicht 1847 kg Model 3 („Performance“), Gesamtgewicht 2305 kg.
Karosserie Stahl/Aluminium.Fahrwerk Einzelradaufhängung, vorne Doppelquerlenker, Mehrlenker-Hinterachse, elektromech. verstärkte Vierrad-Blockierschutzbremsen mit elektron. Bremskraftverteilung.
Antrieb E-Antrieb mit zwei E-Motoren (vorne 150 kW/hinten 205 kW Spitzenleistung), Lithium-Batterien, kWh: keine Angabe, Allradantrieb, 0–100 in 3,5 sec („Performance“), Spitze 250 km/h, E-Reichweite 530 km (WLTP).
Normverbrauch 16,6 kWh/100 km, Testverbrauch 18 kWh/100 km (Stadt), mehr als 20 kWh (Autobahn).
Garantie 4 Jahre/80.000 km auf das Fahrzeug, 8 Jahre oder 160.000 km für Standardbatterie, 192.000 km für Langstreckenbatterie.
Preis 58.300 € (Allradantrieb mit Dualmotor), 69.100 € (Performance-Version).