Mini Cooper SE im Test: Was kann der Elektro-Mini?
Von Sandra Baierl
Sechzig Jahre alt wurde der Mini im vergangenen Jahr und er ist längst ein Kultauto. Über die Zeit hat man grundlegende Veränderung vorgenommen, hat ihn in Aussehen, Größe und Motorisierung dem jeweiligen Zeitgeist angepasst. Jetzt, 2020, kommt es zum größten Paradigmenwechsel in seiner bisherigen Geschichte. Aus Brummbrumm wurde Üüüüüüiii: der Verbrennungsmotor wich beim Mini Cooper SE einem Elektroantrieb.
Üüüüüüiii. Dieses Geräusch ertönt, wenn man den Start-Kippschalter des Elektro-Mini drückt. Man hört es noch einmal beim Losgleiten. Ein heller, transparenter, künstlicher Ton, den sich die Sound Designer haben einfallen lassen. Merklich anders als die dumpfen Motorengeräusche aus der Vergangenheit. Es erinnert an Knight Rider. An Raumschiff und an Außerirdische.
Dabei ist der elektrische Mini eigentlich von dieser Welt. Schnell hingesehen findet man wenig Neues. Zitronengelbe Akzente an Außenspiegeln, Zierleisten und Felgen markieren die neue Ära – aber Abmessungen, Design und Innenraumambiente orientieren sich eindeutig an den bekannten Verbrennungsbrüdern.
Gut so, einen Klassiker darf man nicht viel verändern: typisch sind die großen Insektenaugen, die kantige Karosserie, die weit nach außen platzierten Räder. Innen gibt es die lieb gewonnenen Kippschalter, verspielte Elemente wie britische Flaggen und bunte LED-Lichter. Alles ist hochwertig verarbeitet: da klappert und scheppert selbst am wilden Wiener Kopfsteinpflaster nichts, alles bleibt fest an seinem Platz.
Spaßauto
Und auch der Mini-immanente Fahrspaß ist zum Glück immer noch wie immer. Hinzu kommt: Der Elektromotor mit 184 PS sprintet so flott los, dass es im Magen kitzelt. Er mobilisiert seine Kraft aus dem Stand heraus, das einstufige Getriebe dreht hinauf – in 3,9 Sekunden auf 60 km/h. Hinzu kommen die Fahreigenschaften, die den Mini berühmt gemacht haben: Gokart-Gefühl, direkte Lenkung, sportliche, straffe Federung. Noch mehr Gokart-Charakter bekommt der Elektro-Mini durch das sogenannte „One-Pedal-Feeling“. Es stellt sich dann ein, wenn man die Rekuperation auf „stark“ dreht und das Auto spürbar heftig verzögert, sobald man den Fuß vom „Gaspedal“ nimmt. Dann wird der Motor zu einem Generator und speist Energie in die Batterie zurück. Das ist gewöhnungsbedürftig, anfangs neigt man damit sogar zum ruckeligen Fahren. Aber gerade im Stadtverkehr ist das ziemlich praktisch.
Für schnelle Wege
Dass bei 153 km/h die Höchstgeschwindigkeit erreicht ist, macht nichts, weil man darf eh nicht. Außerdem ist das Auto eindeutig für die Stadt gemacht. Womit wir beim großen Aber sind. Der Elektro-Mini fährt super, aber nicht sehr weit. Wir durften ihn ein paar Wochen testen und schaffen nicht mehr als 150 Kilometer mit einer vollen Batterieladung. Auch, wenn wir ganz brav fahren, ganz weich und sanft. Die Autoexperten erklären uns das mit der „zu schwungvollen Fahrweise“, mit „elektrischen Annehmlichkeiten, die Strom fressen“, wie Klimaanlage und Popo-Heizung.
Diese Reichweite ist im ersten Moment enttäuschend, weil man schon bei einem kurzen Ausflug raus aus der Stadt beim Ladethema ist. Auf der anderen Seite: Das Umdenken gehört bei einem Elektroauto dazu. Man steckt das Auto an die Steckdose, wo immer man kann. Das ist wie in den Anfängen des Mobiltelefons, und übrigens genauso einfach: Kabel anstecken, laden, fertig. In dreieinhalb Stunden ist man bei einer öffentlichen Ladestation voll, in zweieinhalb Stunden auf 80 Prozent Akkuleistung. Und auch im Garten funktioniert’s an der Haushaltssteckdose – dauert halt etwas länger.
Und noch ein Aber, ein kleines: den Elektro-Mini gibt es seit März – mit einem Motor-Typ, in vier Ausstattungsvarianten. Aber ein Spaßauto braucht kein Dach; und auch fünf Türen wären super, vor allem, wenn man Kleinkind hat und Kindersitz (der passt übrigens rein) montieren will. Cabrio und Fünftürer sind derzeit aber nicht in Planung.
Motor und Akku Elektromotor mit 135 kW bzw. 184 PS, Drehmoment: 270 Nm. 96-Zellen-Batterie-Paket mit 32,6 kWh Energiegehalt, Stromverbrauch: 16,8 bis 14,8 kWh/100 km. Reichweite 235-270 km
Gewicht: 1365 Kilogramm
Beschleunigung von 0 auf 60 km/h in 3,9 Sekunden, von 0 auf 100 in 7,3 Sekunden. Maximal 150 km/h
Preis: ab 32.950 Euro/Preis Testwagen (Trim XL): 42.550 Euro
Geschichte. Im August 1959 enthüllte die British Motor Company einen Kleinwagen. Der Morris Mini-Minor bot viel Innenraum bei geringen Außenmaßen, Platz für vier Personen, gute Fahreigenschaften und geringen Treibstoffverbrauch. Das Auto hatte eine Länge von 3,05 Metern, 34 PS und war ab 496 Pfund zu haben. Viel Auto für wenig Geld – diesen Vorgaben war Konstrukteur Alec Issigonis gefolgt. Heute, 61 Jahre später, sind die kompakten Maße und das Gokart-Feeling beim Fahren immer noch die Erfolgszutaten des längst zum Kult gewordenen Kleinwagens.
1961 erschien eine Variante, die den Mini für immer prägen sollte: der Mini Cooper. Sportwagenkonstrukteur John Cooper entwickelte eine Kleinserie von 1000 Mini Cooper mit 55 PS. Issigonis und Cooper erhöhten folglich auf 70 PS für den Mini Cooper S, der Klassensieg für den Finnen Rauno Aaltonen bei der Rallye Monte Carlo 1963 war der Auftakt für eine beispiellose Erfolgsserie im Motorsport.
2000 endete die Produktion des klassischen Mini, nach 5,3 Millionen Stück. Mit der Übernahme der Rover Group durch BMW (1994) ergaben sich auch für Mini neue Perspektiven. Der erste Auftritt des Mini Cooper erfolgte im Jahr 2000 auf der Berliner Automobilausstellung. 2001 stand die Neuauflage des Mini Cooper bei den Händlern.