Honda Civic: Der nicht mit dem Hybrid-Wölfen heult
Von Horst Bauer
Die neue Generation ist ein großer Schritt in der Civic-Historie zurück zum optischen Mainstream. Der hat dem kompakten Japaner sichtlich gut getan und könnte ihn wieder aus der Marktnische holen, in die er mit den letzten teils eher eigenwilligen Kreationen gedrängt wurde.
Rein optisch präsentiert er sich jetzt als sportliche Limousine mit praktischer Heckklappe und niedriger Dachlinie. Also so etwas wie ein fescher Gegenentwurf zu den auch in dieser Klasse grassierenden SUV.
Dennoch ist auch der neue Civic keiner, der mit den Wölfen heult. Sein Unterscheidungsmerkmal zur Konkurrenz trägt er jetzt nur nicht so auffällig vor sich her wie die letzten Vorgänger-Generationen. Seinen besonderen Status lässt er optisch nur durch einen unscheinbaren Schriftzug auf dem Heck erkennen. Dort steht das Kürzel e:HEV, das es technisch ebenso in sich hat, wie es die Namensgebung etwas holprig macht.
Voll-Hybrid mit 3 Motoren
In kurzen Worten: Der neue Civic ist ein Voll-Hybrid, aus einem Zweiliter-Benziner und zwei E-Motoren, von denen einer nur als Generator dient. Anders als etwa bei Nissan, wo man den Benziner ausschließlich zum Laden der Batterie nutzt und den Antrieb an der Achse exklusiv dem E-Motor überlässt, geht Honda einen weniger dogmatischen Weg. Zwar wird der Benziner ebenfalls vornehmlich zur Stromerzeugung genutzt, aber Honda überlässt ihm dort auch den direkten Antrieb, wo es vom Fahrgeschehen her sinnvoll ist. Also etwa auf der Autobahn oder wenn der Stromer Unterstützung braucht, um eine erhöhte Leistungsanforderung aus dem Cockpit entsprechend hurtig erfüllen zu können.
Wie unkompliziert sich diese hochgestochene Technik in ihrer verbesserten aktuellen Version in der praktischen Anwendung im Civic e:HEV präsentiert, ist schlicht beeindruckend.
Trotz des verwendeten stufenlosen ECVT-Getriebes und des in vielen Fahrsituationen eben nur Strom erzeugenden 143 PS starken Benziners kommt beim Piloten akustisch nie das Gefühl auf, es mit einer rutschenden Kupplung zu tun zu haben. Lineares Beschleunigen aus dem Stand heraus, aber eben auch nach Langsamfahrstrecken etwa beim Überholen, ist jetzt kein Problem mehr. Über kurz oder lang sorgt der Civic dafür, dass man im Fahrbetrieb nicht mehr darüber nachdenkt, welche Motorenkombination gerade für den Vortrieb sorgt. Zu knackig lässt er sich auch flott und aktiv fahren, wozu die exakte, gute Rückmeldung liefernde Lenkung ihren Teil beiträgt. Und dies nicht nur im Sport-Modus, sondern auch in der Normal-Stellung.
Weite Strecken rein elektrisch
Wird mit dem Fahrmodus-Schalter "Eco" angewählt, ist die Gaspedalkennung natürlich weniger scharf, untermotorisert fühlt man sich dennoch nicht. Und bei entsprechend gefühlvoller Behandlung des Gaspedals poppt die kleine “EV”-Einblendung im Display (als Zeichen dafür, dass jetzt rein elektrisch gefahren wird) vor dem Lenkrad öfter und länger auf, als man zunächst glauben würde.
Das führt unterm Strich zu einem Realverbrauch bei einem gemischten Fahrprofil von Stadtverkehr über Landstraßen-Etappen bis zur Langstrecke auf der Autobahn von beachtlichen 5,2 l /100 km. Die zudem nur zarte 0,2 Liter über dem für die gefahrene Topversion mit Accent-Ausstattung angegebenen Normverbrauch liegt.
Wer auf Zusatzausstattungen wie das bei Accent serienmäßige Glasschiebedach oder die Bose-Soundanlage verzichten kann, lukriert einen weiteren Verbrauchsvorteil. Der Normverbrauch des Civic e:HEV mit der keinesfalls kargen Basisausstattung Elegance liegt bei nur 4,7 Liter. In dem Fall erspart man sich auch die von der Soundanlage bedingte Kante im Kofferraum und bekommt zumindest 410 statt 404 Liter Ladevolumen.
Die Schwachpunkte
Wo liegen die Schwachpunkte des neuen Civic?
Allen voran ist das die übernervöse Spurhaltewarnung, deren Toleranzgrenzen, was die Annäherung an Fahrbahnrand oder Mittelleitlinie betrifft, diametral gegenläufig ist zu der üblichen Breite heimischer Landstraßen. Der gut gemeinte Versuch, den Fahrer dabei zu unterstützen, den idealen Seitenabstand zu halten, geht dadurch weitgehend nach hinten los. Nicht die Ruhe am Lenkrad steigt, sondern die nervliche Belastung ob des penetranten Gepiepses.
Ebenfalls nicht ganz einzusehen ist der Umstand, dass die mittleren Luftdüsen im Cockpit nicht auch wie die außen liegenden einfach per mechanischem Stellrad individuell geöffnet oder geschlossen werden können. Wer sich nicht durchgehend den Körper anblasen lassen will, muss dies via des allgemeinen Luftverteilungsschalters über der Mittelkonsole erledigen. Was dann aber zwangsläufig für Fahrer und Beifahrer gemeinsam gilt.
Unterm Strich ist Honda mit dem neuen Civic eine positive Überraschung gelungen. Und das nicht nur dank der jetzt wieder sehr ansprechenden Optik, sondern vor allem durch die spezielle Hybrid-Lösung für den Antrieb. Deren weiterentwickelte zweite Generation meistert jetzt auch die in Europa üblichen Fahrprofile beeindruckend.
Antrieb: Voll-Hybrid aus Vierzylinder-Benziner, E-Motor und Generator. 2,0-l-Benzinmotor mit 105 kW (143 PS), Elektromotor mit 135 kW (184 PS), e-CVT Direktantrieb, Vorderantrieb.
Fahrleistungen: Beschleunigung von 0 - 100 km/h in 8,1 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 180 km/h.
Abmessungen: Länge x Breite x Höhe 4.551 x 2.082 x 1.408 mm, Radstand 2.734 mm, Kofferraumvolumen 404 - 1.187 l, Tankvolumen 40 l, Leergewicht 1.533 kg, Gesamtgewicht 1.930 kg. Anhängelast gebremst / ungebremst: 750 kg / 600 kg.
Verbrauch: Normverbrauch 5,0 l / 100 km (114 g/km CO2), Testverbrauch 5,2 l.
Kosten: Basispreis Honda Civic e:HEV ab 32.790 €, Ausstattung Accent ab 37.990 €, Preis des Testwagens 38.640 €.