Neuer Range Rover: Reduktion auf hohem Niveau
Von Horst Bauer
„Bei modernem Luxus geht es nicht darum, ständig noch mehr dazuzugeben. Es geht um Reduktion.“ Dieses Leitmotiv von Land-Rover-Designchef Gerry McGovern spiegelt sich vor allem in der Optik des neuen Range Rover wider.
So hat man sich etwa bewusst zurückgehalten beim Ausschöpfen der zahllosen Möglichkeiten, welche die LED-Technologie bei der Gestaltung der Heckleuchten bietet. Ein durchgehendes Leuchtenband auf dem Heck, wie es bei vielen Herstellern (auch im Luxus-Segment) derzeit groß in Mode ist, findet man beim Range Rover der fünften Generation nicht. Stattdessen rahmen nur schmale senkrechte Rücklichter und horizontale Blinker das glattflächig gestaltete Heck ein.
Beim ersten direkten Kontakt mit dem für den wirtschaftlichen Erfolg wichtigsten Modell von Land Rover im hauseigenen Design-Center in Gaydon zeigte sich der Fünfte in der stolzen Ahnenreihe optisch wie aus einem Stück geschnitzt. Das Außendesign wird von weitläufigen glatten Flächen dominiert, auf Sicken und Kanten hat man weitgehend verzichtet. Einzig der markante Streifen beim Übergang vom Kotflügel zu den vorderen Türen ist als Hommage an die Vorgänger-Modelle erhalten geblieben.
Weniger Bildschirme
Sogar im Cockpit ist bei allem opulenten Luxus die Reduktion aufs Wesentliche merkbar. Am augenfälligsten wohl durch die Abkehr von dem im Range Rover Velar noch gehuldigten Prinzip, möglichst viele und große Bildschirme für die Kommunikation zwischen Fahrer und Bordcomputer unterzubringen. Im neuen Range Rover findet sich neben dem digitalen Display vor dem Lenkrad nur ein zentraler 13,1-Zoll großer Touchscreen. Und auch bei dessen Bedienung ist man vom ablenkenden Surfen durch endlose Untermenüs abgegangen. So betont Land-Rover-Entwicklungschef Nick Rogers, dass „90 Prozent aller Befehle mit nur zwei Klicks erledigt sind, wenn man vom Home-Screen startet.“
Jedoch wurde nicht in allen Bereichen noble Zurückhaltung geübt. Das zeigt sich etwa beim Blick auf andere Inhalte des neuen Range Rover. Die Palette der Neuerungen reicht von der erstmals erhältlichen dritten Sitzreihe bei der Variante mit langem Radstand bis hin zum Kapitel Antriebsstrang. Hier wird neben einem vollkommen neuen V8 Benziner mit 530 PS Leistung und überarbeiteten Mild-Hybrid Benzin- und Diesel-Sechszylindern auch die Elektrifizierung vorangetrieben. Zu zwei Plug-in-Hybrid-Versionen mit 510 bzw. 440 PS mit bis zu 100 km rein elektrischer Reichweite wird sich nämlich in zwei Jahren auch der erste rein elektrisch angetriebene Range Rover gesellen.
Dass die Truppe von Nick Rogers bei der fünften Generation jenes Autos, mit dem die Kategorie Luxus-Geländewagen vor über 50 Jahren begründet wurde, technisch keinen Stein auf dem anderen gelassen hat, zeigt der Umstand, dass im Laufe der Entwicklungsarbeiten gezählte 125 Patente angemeldet wurden. Eines der Ergebnisse davon ist die Tatsache, dass der Karosserie-Aufbau jetzt um satte 50 % steifer ist als jener des Vorgängermodells, was unter anderem durch einen neuen Materialmix unter Verwendung von 80 % Aluminium erreicht wurde.
Aber nicht nur im feststofflichen Bereich wurden eklatante Verbesserungen erzielt. Auch die Segnungen der digitalen Welt hat man sich zunutze gemacht. So können laut Entwicklungschef Rogers über 70 Module des neuen Range Rover via „Software over the Air“ ohne Werkstattaufenthalt gewartet werden. Und wer sich zu Hause schon daran gewöhnt hat, Amazons Alexa Befehle zu erteilen, kann dies in Hinkunft auch an Bord seines Range Rover so halten.
Neuer Allradantrieb spart CO2
Natürlich sind auch die Kernkompetenzen eines Land Rover nicht zu kurz gekommen. Der iAWD (intelligent All-Wheel-Drive) benannte Allradantrieb spart durch flexible Zu- und Abschaltung im Fahrbetrieb um bis zu 4 g/km CO2 ein. Abgesehen vom Geländebetrieb (mit einem Reduktionsgetriebe der 8-Gang-Automatik) ist der Allradantrieb immer aktiv beim Anfahren aus dem Stand, bei Temperaturen unter 3 Grad Celsius und bei Geschwindigkeiten von über 160 km/h. Zwischen 35 km/h und 160 km/h im Straßenbetrieb wird der Antrieb der Vorderachse automatisch weggeschaltet, was den Rollwiderstand verbrauchsmindernd senkt.
Zudem verfügt das Antriebssystem über ein elektronisches Sperr-Differenzial an der Hinterachse. Gemeinsam mit dem über die Bremsen gesteuerten Torque Vectoring sorgt es dafür, dass immer das größtmögliche Antriebsmoment auf das Hinterrad mit der gerade größten Traktion geleitet wird. Das bringt nicht nur im Geländeeinsatz Vorteile, sondern verbessert auch die Stabilität in Hochgeschwindigkeits-Kurven auf der Straße.
Da sich auch noch eine weiterentwickelte aktive Luftfederung (erstmals mit einem elektronisch gesteuerten 48-Volt-System zur Vermeidung von Nick- und Schwank-Bewegungen des Aufbaus) um die jeweils adäquate Dämpfereinstellung kümmert, verspricht der neue Range Rover höchstmöglichen Komfort in allen Fahrsituationen. Wozu auch die erstmals verwendete Allradlenkung beiträgt, die zudem den Wendekreis des 5,052 mm bzw. 5,252 mm langen Range Rover auf unter 11 Meter beschränkt.
Bis zu 3,5 Tonnen am Haken
Apropos Kernkompetenz: Als Zugfahrzeug kann der Neue jetzt bis 3,5 Tonnen an den Haken nehmen. Und sollte im von 1.061 bis 2.601 Liter fassenden Stauraum (je nach Sitzkonfiguration und Radstand) nicht genug Platz sein, steht noch eine maximale Dachlast von 100 kg zur Verfügung.
Der neue Range Rover kann bei uns bereits bestellt werden. Die ersten Autos sollten Ende März kommenden Jahres bei den Händlern sein. Die Versionen mit Plug-in-Hybrid-Antrieb werden ab Ende Jänner 2022 bestellbar sein. Die ersten Auslieferungen sind für Juni geplant. Der erste Range Rover mit reinem Elektroantrieb wird 2024 seine Premiere erleben.
Die Preisliste startet in Österreich bei 140.301 €.
Abmessungen
Länge 5,052 mm bzw. 5,252 mm (Long Wheelbase), Breite 2,209 mm (inkl. Rückspiegel), Höhe 1,870 mm, Radstand 2,997 mm bzw. 3,197 mm (LWB), Wendekreis 10,95 m bzw. 11,54 mm (LBW). Maximale Bodenfreiheit 295 mm (294 mm), Böschungswinkel vorne / hinten 34,7 / 29,0 Grad, Wattiefe 900 mm, Steigfähigkeit max. 45 Grad. Maximale Anhängelast 3,5 Tonnen.
Motoren
Benziner:
3,0-l-6-Zylinder mit 400 PS, max. Drehmoment 550 Nm zwischen 2.000 und 5.000 U/min.
4,4-l-V8 mit 530 PS, max. Drehmoment 750 Nm zwischen 1.800 und 4.600 U/min.
Diesel:
3,0-l-6-Zylinder mit 249 PS, max. Drehmoment 600 Nm zwischen 1.250 und 2.250 U/min.
3,0-l-6-Zylinder mit 300 PS, max. Drehmoment 650 Nm zwischen 1.500 und 2.500 U/min
3,0-l-6-Zylinder mit 350 PS, max. Drehmoment 700 Nm zwischen 1.500 und 3.000 U/min
Plug-in Hybrid:
3,0-l-6-Zylinder kombiniert mit einem E-Motor mit 105 kW und einer Lithium-Ionen Batterie mit 38,2 kWh. Systemleistung 440 PS bzw. 510 PS und 620 Nm bzw. 700 Nm zwischen 1.000 und 5.000 U/min
Kosten
Einsteigspreis in Österreich 140.301 € für das Basismodell Range Rover D250 SE.