Seat-Boss Griffiths im Gespräch: "Österreich ist Benchmark für uns"
Von Horst Bauer
Gerade hat er einen großen Prestigeerfolg verbuchen können. Wayne Griffiths, seit Herbst an der Spitze von Seat und davor als Marketingvorstand der Spanier stark in die Entwicklung der vor drei Jahren aus der Taufe gehobenen Sub Marke Cupra involviert - deren erster Chef er war - durfte in der Vorwoche den Stockerlplatz des Cupra Formentor beim wichtigsten internationalen Autopreis der Branche feiern. Das erste, rein als Cupra entwickelte Modell, konnte mit dem 3. Platz bei der Wahl zum Car of the Year 2021 die beiden anderen in die Endauswahl der Fachjury gekommenen Konzernmodelle (VW ID.3 und Skoda Octavia) auf die Plätze verweisen.
Mit Cupra hat Griffiths auch als neuer Chef von Seat noch viel vor: "Cupra ist eine wichtige Ergänzung für Seat - kein Ersatz", dementiert Griffiths Gerüchte, wonach die junge Submarke früher oder später Seat ablösen könnte. "Im Vorjahr haben wir über 27.000 Cupra verkauft und damit in einem durch die Folgen der Pandemie geschrumpften Markt um elf Prozent zugelegt. Allein vom Formentor konnten wir in nur zwei Monaten 3.600 Stück verkaufen - obwohl zu Beginn nur die Version mit 310 PS verfügbar war."
Mit dem nun in allen Motorisierungsvarianten (inklusive zweier Plug-in-Versionen) verfügbaren Formentor hofft Griffiths auf eine Verdoppelung der Verkaufszahlen von Cupra, was den Anteil am Gesamtergebnis der beiden Marken auf rund 10 % heben sollte. "Damit sollten wir die angepeilte Marke von einer Million Umsatz relativ schnell knacken können", gibt sich der Seat-Boss optimistisch. Und verweist auf die große Bedeutung des österreichischen Marktes dabei: "Österreich ist für uns Benchmark in vielen Dingen. Nicht nur mit dem hohen Marktanteil von 6,4 Prozent im Vorjahr und der Position von Seat als drittstärkster Marke. Und auch dieses Jahr hat für uns in Österreich sehr stark begonnen. Beide Marken kommen in Österreich sehr gut an."
Born ohne "el"
Einen ersten Beitrag zu den Verkaufszielen in diesem Jahr sollte auch der erste elektrische Cupra leisten, der im Mai seine offizielle Weltpremiere erleben und gegen Ende des Jahres auf den Markt kommen wird. Allerdings nicht unter dem bisher kolportierten Namen el-Born. Die Serienversion des auf dem Elektrobaukasten des VW-Konzerns basierenden sportlichen Kompakten wird vielmehr unter dem Namen Cupra Born vermarktet werden. Griffiths auf die Frage, wo das "el" im Namen geblieben ist: "el-Born stammt ursprünglich vom gleichnamigen Stadtviertel in Barcelona, das gut zu Cupra als Marke passt. Aber letztlich war der Name zu lang für die Vermarktung. Wir haben ihn daher abgekürzt. Damit hat auch die englische Bedeutung von 'Born' ein gutes Potential im Marketing."
Dieses wird zum Markstart des elektrischen Cupra Born vollkommen neu aufgestellt. Das Elektroauto firmiert quasi als Versuchsballon für ein sogenanntes Agentur-System, bei dem die Händler die Autos nicht mehr dem Hersteller abkaufen und dann an die Kunden weiterverkaufen. Vielmehr agieren sie dabei als Vermittler zwischen dem Hersteller/Importeur und den Käufern. Griffiths: "Der Händler spielt dabei weiterhin eine Schlüsselrolle für uns. Der Unterschied für ihn besteht darin, dass er nicht mehr ein Franchise-Nehmer mit einer Marge ist, sondern ein Agent, der eine Kommission bekommt." Der Einschätzung, dass damit die Händler geschwächt werden sollen, begegnet Griffiths mit wirtschaftlichen Argumenten: "Für den Handel ist das ein deutlich attraktiveres System, weil er nicht die Belastung hat, was etwa Lager und Equity betrifft."
Griffith sieht damit die Chance für die Händler, mit dem Elektroauto in das neue, nachhaltigere System zu wechseln, da man sich hier ohnehin auf neues Terrain begebe und keine bestehenden Strukturen verändern müsse: "Ein eingespieltes Margen-System, an das Kunden und Händler seit langem gewöhnt sind, in so ein Agentur-System überzuführen ist sehr schwierig", gibt sich Griffiths realistisch was den möglichen Umbau des gesamten Vertriebssystems betrifft: "Ob man später auch die Seat-Modelle aus der Verbrenner-Welt in das Agentur-System überführen sollte, da bin ich mir nicht so sicher, ob das sinnvoll ist."
Dass man im VW-Konzern gerade bei Cupra mit dem neuen System ansetzt, um erste Erfahrungen damit sammeln zu können, ist kein Zufall. Griffiths: "Cupra ist eine kleine, junge Marke. Wir sind schnell und das Risiko für den Konzern ist damit begrenzt. Wenn es gut funktioniert, werden es sicher auch andere Marken mit ihren Elektro-Modellen übernehmen."
Was die Elektrifizierung betrifft, so wird sich bei den Spaniern vor allem Cupra darum kümmern. Batterie-elektrische Modelle sind vorerst der jungen Marke vorbehalten. Bei Seat werden es vor allem Plug-in-Antriebe sein. Griffith realistisch: "Im Kleinwagensegment, da wo Seat herkommt, mit Batterie-elektrischen Modellen Geld zu verdienen, ist derzeit noch eine sehr große Herausforderung. " Es wird aber auch deswegen noch länger dauern, bis man einen Seat mit Elektroantrieb sehen wird, weil etwa Märkte in Südamerika, wo die Marke sehr stark ist, noch nicht bereit sind für vollelektrische Modelle. Sowohl von den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Kundschaft, als auch von der Infrastruktur her.