Plug-in-Hybrid der Extreme: Am Steuer des raren Polestar 1
Von Horst Bauer
Mit ihm haben die Schweden aus dem chinesischen Geely-Konzern die neue Premium-Marke Polestar begründet. Und der Polestar 1 hat neben den enormen Leistungsdaten und der limitierten Stückzahl noch eine Besonderheit zu bieten, die ihn zum Sammlerstück macht. Er wird das einzige Modell von Polestar bleiben, der auch einen Verbrennungsmotor an Bord hat.
Angelegt als Plug-in-Hybrid der Extreme, wird der Polestar 1 nicht nur von zwei Elektromotoren an der Hinterachse (mit je 85 kW Leistung), sondern auch von einem Zweiliter-Vierzylinder-Benziner angetrieben. Diesem werden sowohl von einem Kompressor, als auch von einem Turbolader Beine gemacht, was eine Leistung von 309 PS (227 kW) ergibt. Unter dem Strich stehen dem Piloten eines Polestar 1 also 609 PS und ein monumentales Drehmoment von 1.000 Nm zur Verfügung.
Dank der 34 kWh-Hochvolt-Batterie, lässt der Polestar 1 auch im Hinblick auf die rein elektrische Reichweite andere Plug-in-Modelle auf dem Markt deutlich hinter sich. Auch wenn es in der Praxis nicht immer die als Normreichweite nach WLTP ermittelten 124 km sein werden, lässt sich damit doch der normale Alltagsverkehr weitgehend bestreiten, ohne auf den Verbrenner zurückgreifen zu müssen, bevor man wieder an der heimischen Steckdose andocken kann.
Verwandtschaft zu Volvo
Soweit die Theorie eines als Hingucker angelegten Modells, das der neuen Marke Polestar die entsprechende Aufmerksamkeit sichern sollte. Und dessen Formgebung ursprünglich einmal ein dann verworfenes Volvo-Cabrio auf Basis des seinerzeitigen S 6 zieren hätte sollen.
Die enge Verwandtschaft zu Volvo sieht man der aus Kohlefaser gefertigten Karosserie des Polestar 1 aus jedem Blickwinkel an. Was nicht zuletzt deshalb stimmig ist, weil der ehemalige oberste Volvo-Designer Thomas Ingenlath heute als Polestar-Chef firmiert.
Auch wenn die Marketing-Leute das nicht so gerne hören - schließlich gibt man sich jede Mühe, als eigenständige Marke aufzutreten - zeigt die Praxis auf heimischen Straßen, dass der Großteil der ersten Reaktionen von Passanten auf den Polestar 1 doch auf die Frage hinauslaufen, welcher Volvo das denn sei.
Sehr viele Exemplare davon wird man angesichts der limitierten Stückzahl und des stolzen Preises (ab 159.000 €) aber ohnehin nicht zu sehen bekommen.
Sammlerstück
Was bekommt man also für das viele Geld, außer ein Sammlerstück mit gutem Wertsteigerungspotenzial?
Vor allem einen Sportwagen, der mit seiner Leistung nicht protzt, diese aber in teilweise atem(be)raubender Weise auf die Straße bringt. Im "Power"-Modus, wenn alle Kraftwerke an Bord zusammenspielen und auf maximalen Vortrieb getrimmt sind, vergehen im Anlassfall nur 4,2 Sekunden bis der Tacho den ersten dreistelligen Wert anzeigt. In der Alltagspraxis wird man jedoch öfter von dem gewaltigen Drehmoment des Polestar 1 profitieren. Egal in welchem Fahrprogramm (von rein elektrisch über Hybrid und Power bis zum Allrad-Modus), der enorme Durchzug, den man aus jeder Fahrsituation heraus abrufen kann, ist beeindruckend.
Dass man dabei gut 2,4 Tonnen durch die Gegend wuchtet, merkt man erst, wenn die Physik etwa beim Anbremsen von engen Kurven ihre Rechte fordert. Dennoch ist dem Polestar 1 zu Gute zu halten, dass er mit all der Kraft nicht nur beim Beschleunigen souverän umgeht (wobei hier die Allrad-Option sehr hilft). Er bietet auch ein der Leistung des Gesamtsystems adäquates Fahrwerk, das sich nicht nur auf elektronische Nothelfer verlässt. Erwartungsgemäß straff abgestimmt, um mit dem bauartbedingt hohen Gewicht zurechtzukommen, erlaubt es präzises Durcheilen von Kurven aller Radien, ohne die Alltagstauglichkeit durch übertriebene Härte allzu sehr einzuschränken.
Kraftwerk im Kofferraum
Apropos Alltagstauglichkeit: Da sollte man sich bei dem 4,58 m langen Polestar 1 im Hinblick auf das Platzangebot keinen falschen Erwartungen hingeben. Vor allem was den Kofferraum betrifft. Mit maximal 143 l Kapazität (126 l bei Mitnahme der Ladekabel-Tasche) ist kreatives Packen für den Wochenend-Trip zu Zweit angesagt. Zudem lässt einen die wie ein transparenter Schutzschalter-Kasten angelegte Rückwand geistig zu isolierenden Gummihandschuhen greifen, sobald der Kofferraumdeckel geöffnet ist.
Unterm Strich ist der Polestar 1 ein Plug-in-Hybrid, wie man ihn sonst nirgendwo bekommt. Und der seine Rolle als Bereicherung einer Sammlergarage mit Steckdose voll erfüllt.
Wer auf den Geschmack gekommen ist, und 159.000 Euro als Spielkapital zur Verfügung hat, sollte sich jedoch beeilen. Die Produktion des Polestar 1 läuft Ende des Jahres aus. Von dem für Österreich reservierten Kontingent sind ein paar Stück noch zu haben. Der Verkauf erfolgt ausschließlich über die Website der Marke (polestar.com), wo auch Probefahrtermine gebucht werden können.
Antrieb: Plug-in-Antrieb mit zwei E-Motoren, einem integrierten Startergenerator und einem Vierzylinder-Benziner, 8-Gang-Automatik.
Benziner: 2-l-Hubraum, 309 PS, 435 Nm bei 2.600 - 4.200 U/min.
E-Motoren: 2 x 85 kW (insgesamt 232 PS), 2 x 240 Nm, an der Hinterachse.
Integrierter Startergenerator: Leistung 52 kW (68 PS), 161 Nm.
Systemleistung: 609 PS, 1.000 Nm
Batterie: Li-Ion 348V 102Ah, 34kWh.
Fahrleistungen: Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,2 Sekunden, Spitze 250 km/h, Spitze rein elektrisch 160 km/h. Maximale elektrische Reichweite 124 Km
Abmessungen: Länge x Breite x Höhe: 4.586 x 1.958 x 1.352 mm, Radstand 2.742 mm. Gewicht 2.350 kg, Tankinhalt 60 Liter, Kofferraum 143 Liter
Verbrauch: Normverbrauch Benzin (WLTP): 0,7 l / 100 km, 15 g/km CO2, Stromverbrauch: 255 Wh / km.
Kosten: Grundpreis ab 159.000 €