Lynk & Co: Auto mieten vom Mieter
Von Horst Bauer
Die Kernaussage klingt einleuchtend. Alain Visser, früher unter anderem Vertriebschef von Opel und in den vergangenen fünf Jahren damit beschäftigt, für den chinesischen Geely-Konzern eine neue Marke mit einem vollkommen neuen Vertriebskonzept für Europa zu entwerfen, leitet mit ihr seine Präsentation des Marktstarts von Lynk & Co in Europa ein: "Autos stehen 96 % der Zeit ungenutzt herum."
Daher habe man für Lynk & Co ein Vertriebsmodell entwickelt, bei dem die "Effizienz der Mobilität" im Mittelpunkt stehe und das auf die drei weltweiten Mega-Trends eingehe, die man bei den Markstudien festgestellt habe. Visser: "Punkt eins ist die Entwicklung vom Besitz zur Nutzung. Punkt zwei die Konnektivität. Und Punkt drei ist die Nachhaltigkeit, ohne die man in Hinkunft die Kunden nicht mehr erreichen wird."
Daher habe man mit Lynk & Co nicht einfach noch eine weitere Auto-Marke geschaffen, die nach den althergebrachten Konzepten funktioniere. Statt Autos über ein Händlernetz an die Kunden zu verkaufen, biete man eine Mitgliedschaft im Club von Lynk & Co, mit der man einen Lynk & Co 01 - das erste Modell der Marke ist ein mittelgroßes SUV mit Hybrid- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb - für ein Monat mieten kann. Kostenpunkt: 500 Euro.
Visser: "Dabei übernehmen wir alle lästigen Dinge, die mit der Nutzung eines Autos verbunden sind, von der Anmeldung über die Versicherung bis zum Service. Dem Nutzer bleiben nur die Kosten für den Treibstoff. Und nach einem Monat endet die Miete automatisch."
Die Besonderheit des Club-Modells liegt darin, dass der Mieter selbst sein Auto für jene Zeiten weitervermieten kann, in denen er es nicht braucht. Den Preis dafür setzt er selbst fest. Wer es darauf anlegt und in einer Gegend mit hoher Nachfrage nach Car-Sharing wohnt, könne sogar mehr als seinen Mietpreis wieder hereinspielen.
Der Kontakt zwischen den Mietern spielt sich auf einer digitalen Plattform auf einer speziellen, von den Chinesen eigens eingerichteten Cloud ab. Alle Fahrzeuge sind selbstredend "always on", also ständig mit der Cloud verbunden. Dadurch weiß Lynk & Co auch jederzeit, wann etwa ein Service bei einem der Autos fällig ist. In dem Fall wird der gerade damit fahrende Mieter darüber verständigt, das Auto bei ihm abgeholt und in die Werkstatt gebracht.
Diese wird in der Regel ein Volvo-Betrieb sein, gehören die Schweden doch seit geraumer Zeit schon zum Geely-Reich.
Sollte jemandem das Miet-Modell suspekt sein, kann er den Lynk & Co 01 aber auch kaufen. Dabei hat er nur die Wahl zwischen den beiden Motorisierungen und zwei Farben (Dunkelblau und Schwarz). Alle anderen Ausstattungsdetails sind vorgegeben. Über den Kaufpreis hüllt sich Visser derzeit noch in Schweigen. Ebenso über die Erwartungen für den Mix zwischen verkauften und vermieteten Modellen.
Das Experiment startet Ende November mit der Eröffnung ein ersten Lynk&Co-Clubs in Amsterdam, ein weiterer wird im Dezember in Göteborg folgen. Visser: "das sind aber keine herkömmlichen Schauräume für unsere Autos, sondern Clubs, in denen wir die Mitglieder zusammenbringen wollen und wo wir auch Events wie Konzerte veranstalten werden."
Die ersten Autos werden im April kommenden Jahres verfügbar sein. Wer eines über die digitale Plattform bestellt, kann es entweder in einem der Clubs abholen, oder bekommt es nach Hause zugestellt.
Da der Europa-Marktstart zunächst nur auf den großen Märkten wie Deutschland und Italien erfolgt, können österreichische Interessenten dann zwar ebenfalls die Club-Seite im Netz einsehen, das Auto vorerst aber noch nicht zugestellt bekommen.
Der Lynk & Co 01 ist ein 4,541 m langes SUV und basiert auf der gleichen technischen Plattform wie der Volvo XC 40.
Als Motorisierung werden entgegen der Ankündigung bei der Weltpremiere der Marke vor vier Jahren keine reinen Benziner eingesetzt. Geboten werden ein Hybrid (Systemleistung 145 kW / 197 PS) bzw. ein Plug-in-Hybrid (Systemleistung 192 kW /261 PS), der dank einer großen Batterie (16,7 kWh) bis zu 70 km rein elektrische Reichweite bietet.
Das Leergewicht liegt bei 2.230 kg bzw. 2.350 kg.
Beide Modelle haben Frontantrieb und ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe.
Fahrwerte: Beschleunigung 0 - 100 km/h in 9,0 (Hybrid) bzw. 7,9 sec.(PHEV). Spitzengeschwindigkeit 190 km/h bzw. 220 km/h.