Jaguar I-Pace: So fährt sich das in Graz gebaute Elektroauto
Das Ziel: Der erste elektrische Jaguar sollte ein kompromissloses und zugleich das begehrenswerteste E-Auto der Welt sein. Begonnen wurde mit einem weißen Blatt Papier. Das Ergebnis ist der I-Pace, in nur vier Jahren entwickelt. „So schnell sind wir bisher bei keinem anderen Projekt gewesen“, so Entwicklungsleiter Wolfgang Ziebart. Das liege auch daran, „dass uns anfangs niemand richtig ernst genommen hat und wir konnten alles selbst entscheiden.“
Das Kernteam bestand anfangs aus 50 bis 150 Mitarbeitern. Magna, wo der I-Pace gebaut wird, war von Beginn an eingebunden. Auch die AVL aus Graz war mit von der Partie und lieferte das Batteriemodul. Grundsätzlich machten Ziebart und sein Team vieles selbst. So wurden auch die Permanentmagnet-Synchronmaschinen von Jaguar entwickelt.
Der I-Pace wurde als Hochleistungs-E-Auto konzipiert. „Großen Wert haben wir aber auch darauf gelegt“, so Chefdesigner Ian Callum, „dass der I-Pace nicht nur sportlich, sondern auch praktisch ist.“ Dank des zwischen den beiden Achsen positionierten Batteriepakets zeigt der I-Pace eine sehr ausgeglichene Gewichtsverteilung von 50:50 und einen um 130 mm niedrigeren Schwerpunkt als der etwa gleich große F-Pace, wodurch er nur geringe Wankbewegungen in Kurven hat.
Die beiden gleich starken und in die Achsen integrierten E-Motoren, die über ein integriertes Eingang-Getriebe und Differenzial je eine der Achsen antreiben, machen den I-Pace zusätzlich zum Allradler und erlauben einen extrem langen Radstand von fast 3 m bei 4,7 m Gesamtlänge. Davon profitieren die Passagiere. Vier Personen, hinten sollten sie nicht größer als 1,80 sein, sitzen sehr bequem trotz der coupéhaften Dachlinie. Daneben bleibt noch viel Platz für Ablagen im Innen- und Laderaum hinten und vorne. Selbst eine Anhängelast ist erlaubt (750 kg gebremst).
In Fahrt
Und wie fährt er sich? „Der I-Type ist ein Jaguar und kann somit alles, was man sich von einem Jaguar erwartet“, so ein Jaguar-Sprecher. Tatsächlich hatte Jaguar für die Fahrpräsentation das übliche Fahren auf diversen Bundes- und Landesstraßen um zwei Schmankerln erweitert: eine Rennstrecke und einen Offroad-Kurs mit extremen Steigungen und Wasserdurchfahrten. Erster Eindruck: Die Beschleunigung ist atemberaubend und entspricht auch gefühlsmäßig den Angaben auf dem Papier (0–100 in 4,8 sec). Das Fahrwerk wirkte grandios, die Wankneigung war beeindruckend gering. Die Verarbeitungsqualität entsprach dem Preis, trotz des oft sehr schlechten Fahruntergrundes waren keine Karosseriegeräusche zu vernehmen.
Gewöhnungsbedürftig vor allem für die Mitreisenden, aber auch den Lenker, sind die extremen Verzögerungen bei der sogenannten One-Pedal-Fahrweise, wenn die vollen Bremsenergie-Rekuperationsmöglichkeiten genützt werden. An diese Form der Verzögerung muss man sich erst gewöhnen.
Der Stromverbrauch auf befestigten Straßen lag laut Bordrechner bei 23,7 kWh. Die I-Pace-Entwickler haben sich viel gegen die Reichweitenangst der Kunden einfallen lassen. Unter anderem kann man sich bei der Navigation die jeweils noch zu erwartende Reichweite an Eckpunkten anzeigen lassen. Der I-Pace ist laut Ziebart so ausgelegt, dass selbst dann, wenn der Bordrechner 0 km Reichweite angibt, in den Batterien noch immer Strom für 20 km ist. Geladen werden kann mit Wechsel- oder Gleichstrom. Auch für induktives Laden ist der I-Pace vorbereitet.
Ein Schwerpunkt des I-Pace ist die Digitalisierung und Vernetzung. Als erster Jaguar verfügt er über das neue „Touch Pro Duo Infotainment System“, eine Kombination von mehreren berührungssensiblen Bildschirmen, Sensoren und Drehreglern (etwa für die Klimaanlage). Premiere feiert auch der Cloud-basierte Sprachdienst Alexa von Amazon. Mit diesem können Kunden etwa den Ladezustand der Batterie abfragen. Über einen 4G Wi-Fi-Hotspot sind bis zu acht Geräte drahtlos mit dem Internet zu verbinden. Für alle fünf Passagiere stehen USB-Ladepunkte parat. Während der Testfahrten überraschte die Elektronik jedoch auch mit unverlangten Show-Einlagen, die bis zum „autonomen“ Telefonieren reichten. Ein Auto blieb überhaupt stehen. Die künstliche Intelligenz war wohl gerade zum Scherzen aufgelegt.
Jaguar I-Pace: Daten
Maße: L x B x H 4682 x 1895 x 1565 mm, Radstand 2990 mm, Gewicht 2133 kg, Gesamt 2670 kg, Laderaum max. 1453 l. Ladekante 634 mm, Bodenfreiheit 230 mm.
Antrieb: E-Antrieb, v/h Permanentmagnet-Synchronmaschinen mit je 200 PS und 348 Nm, Einstufengetriebe, elektr. Allradantrieb. 90 kWh
Lithium-Ionen-Batterien, flüssigkeits- gekühlt, Pouch-Zellen, 603 kg. Garantie/Batterien: 8 Jahre/160.000 km.
Laden: 12,9 h mit 7 kW AC, 40 min. mit 100 kW DC/Gleichstrom (80 %).
Fahrwerk: vorne Doppelquerlenker-, hinten Integralachse, innen belüftete Scheibenbremsen. Wattiefe 500 mm.
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 4,8 sec, Spitze 200 km/h.
E-Reichweite: bis zu 480 km (Norm).
Preis: ab € 78.380,–. Start: Sommer.