Erste Ausfahrt mit dem neuen Ford Focus
Von Horst Bauer
Joe Bakaj hat schon viel erlebt als Entwicklungsingenieur. Der heutige Entwicklungschef von Ford in Europa tüftelte nicht nur an neuen Autos für die eigene Konzernmarke, seine Spuren finden sich auch in diversen Mazda-Modellen aus der Zeit, als die Japaner von Ford vor dem wirtschaftlichen Untergang gerettet wurden.
Aber so etwas hat er bisher noch kaum je erlebt. Bakaj schmunzelnd: „Die Chance, ein Modell beginnend mit einem weißen Blatt Papier von Grund auf neu zu entwickeln, bekommt man als Ingenieur nicht so oft.“ Was er und seine Techniker-Truppe daraus gemacht haben, konnte der Motor-KURIER nach einer ersten ausführlichen Besichtigung nun erstmals auch selbst erfahren.
Und um es gleich vorweg zu sagen: Den traditionellen Tugenden eines Focus im Hinblick auf agiles Fahrverhalten zeigt sich der Neue voll verpflichtet. Das passt jetzt auch wieder mit der Optik der Karosserie besser zusammen, kaschiert diese doch wesentlich erfolgreicher als beim Vorgängermodell (dessen die klassische Kompaktklasse sprengende Abmessungen er weitgehend übernommen hat), wie groß die Fuhre tatsächlich ist (Länge 5-Türer: 4378 mm).
Apropos Größe: Im Cockpit haben die Ingenieure etliche Zentimeter gefunden und der Armaturenträger wurde weiter nach vorne gerückt, wodurch sich das Raumgefühl für Fahrer und Passagiere merkbar verbessert hat. Was die Ausstattung betrifft, ist man einen goldenen Mittelweg gegangen zwischen früherer Knopferlflut und der beim Mitbewerb allenthalben grassierenden Bildschirm-Verplankung des Cockpits. Der Blick des Piloten fällt auf zwei klassische Rundinstrumente, das Bordradio hat noch zwei richtige Drehknöpfe und um der allgemeinen Digitalisierungs- und Informationsflut Herr zu werden, steht ein zentraler (und jetzt endlich auch ausreichend großer) Monitor zur Verfügung. Apropos Drehknopf: Der Automatik-Wählhebel ist jetzt nach Jaguar-/Land-Rover-Vorbild ebenfalls als Drehregler ausgeführt.
Sehr leise
Im Fahrbetrieb fällt zunächst das sehr geringe Geräuschniveau im Cockpit auf. Sowohl der überarbeitete 120-PS-Diesel als auch der neue 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner sind kaum zu hören, wenn sie einmal in Fahrt gekommen sind.
Vor allem der aus dem bewährten 1,0-l-Ecoboost-Dreizylinder heraus entwickelte 1,5 l mit 180 PS überrascht nicht nur mit seiner Spritzigkeit, sondern auch mit dem Umstand, dass er in der normalen Fahrpraxis dank der erstmals bei einem 3-Zylinder angewendeten Technik der Zylinderabschaltung lange Strecken als Zweizylinder unterwegs ist. Und dies, ohne es den Fahrer merken zu lassen. So geschmeidig funktioniert das Umschaltspiel von Defensive (mitrollen im Verkehr) auf Offensive (Beschleunigen beim Überholen oder Bergauf).
Noch eine Erkenntnis aus den ersten Kilometern mit den beiden Motorisierungen: Getriebe der Wahl für alle, die es gerne etwa sportlicher angehen, ist das exakt zu schaltende manuelle 6-Gang-Getriebe. Die neue 8-Gang-Automatik zeigte sich eher als gemächlich bei den Schaltvorgängen und wird sich auch durch Hochschalt-Bevormundung im manuellen Modus wenig Freunde bei der sportlichen Fraktion machen.
Der neue Focus startet bei uns im September als 5-Türer. Kurz darauf folgen der Kombi und Anfang 2019 die hochgestellten Active-Varianten.
Das Motorenangebot umfasst 5 Benziner zwischen 85 und 182 PS und 3 Diesel zwischen 70 und 150 PS. Alle Motoren erfüllen die neue Abgasnorm Euro 6 d temp.
Die Preisliste beginnt bei € 19.850,– für den 5-Türer, der Kombi startet bei € 21.080,–.