Vespa GTS 125/300: Schöne Größe aus Italien
Von Peter Schönlaub
Mit dem Begriff „Ikone“ sollte man vorsichtig agieren, doch wenn ihn ein Roller verdient, dann die Vespa GTS. Als direkte Nachfolgerin der ersten Vespa von 1946 verkörpert sie nicht nur Italianità und Stilbewusstsein, sondern trägt auch die wichtigsten technischen Charakterzüge ihrer Vorfahren; insbesondere natürlich die selbsttragende Stahl-Karosserie.
Der Vespa GTS haftet aber nicht nur der Nimbus einer Legende an, sie trägt seit gut einem Jahrzehnt auch noch eine weitere Auszeichnung: Sie stellt mit großem Abstand das meistverkaufte motorisierte Zweirad Österreichs dar. Im vergangenen Jahr wurden von ihren beiden Hubraumvarianten 125/300 mehr Exemplare zugelassen als von den zehn beliebtesten Motorrädern zusammen.
Auch wenn dieser Verkaufserfolg nicht in ganz Europa ähnlich stark ausgeprägt ist – eine Weiterentwicklung der GTS steht in Italien im Rang einer Staatsaffäre. Man agiert behutsam und blickt mit Argusaugen auf die Neuerungen. Niemand soll verschreckt werden, und doch will man den Roller natürlich mit feinen Pinselstrichen und klugen Updates dem Zeitgeschmack und den technischen Möglichkeiten anpassen.
Die GTS wird in Design, Ausstattung und Technik runderneuert
Für das Modelljahr 2023 ist es nun wieder so weit: Die GTS wird in Design, Ausstattung und Technik runderneuert. In letzterer Hinsicht fällt vor allem eine neu konstruierte Vorderradaufhängung ins Auge, die um eine weitere Strebe ergänzt wurde. Damit bleibt das Federbein unter Krafteinwirkung stabiler, was sich zum einen auf die Fahrsicherheit, zum anderen aber auch auf den Komfort auswirkt. Ein erster Fahrtest auf den zum Teil katastrophalen Straßen Roms hat diesen Anspruch bestätigt: Auf Kopfsteinpflaster oder auch beim Durchfahren kleiner Schlaglöcher dringen weitaus weniger Härte und geringere Vibrationen zum Fahrenden durch. Und bei höheren Geschwindigkeiten außerhalb der Stadt liegt die Vespa GTS stabiler, weshalb bei der stärkeren Variante die bisherige Limitierung der Höchstgeschwindigkeit auf 120 Stundenkilometer gekippt wurde. Die GTS 300 darf nun die ganze Power ihres 23,8-PS-Motors nützen und noch ein paar zusätzliche km/h erreichen.
Erfreuliche Neuerungen
Dieser Verzicht auf die bisherige Selbstbeschränkung rührt auch von einer verbesserten Bremsanlage her: Neue Hauptbremszylinder von Brembo und effizientere Bremssättel sorgen in Zusammenspiel mit der stabileren Front für deutliche verkürzte Anhaltewege. Noch ein kleines Goodie: Ab sofort erhält auch die GTS 125 eine serienmäßige Antriebs-Schlupfregelung.
In Sachen Ausstattung freut man sich über das nunmehr bei allen Modellen eingeführte Keyless-System, den Sattel mit schmälerem Bereich an der Front und über neue Instrumente mit modernerem Look und zusätzlichen Möglichkeiten. Weiterhin als Mischung aus Analog und Digital ausgeführt beherrscht das größere LCD-Fenster nun auch das Thema „Smartphone-Connectivity“ – serienmäßig bei der GTS Supersport, optional beim Basismodell und der Sport. Das Topmodell Supertech besitzt wie schon bisher ein vollständig digitales Instrument – einen 4,3-Zoll-TFT-Bildschirm –, das sogar erweiterte Funktionen inklusive Navigationsanzeigen beherrscht. Außerdem verfügt sie ab sofort über ein beleuchtetes, mit Teppichbelag bezogenes Staufach.
Einzylindermotor, OHC, 4V, flüssig gekühlt
Hubraum: 278 (125) ccm
Bohrung/Hub: 75 x 63 (52 x 58,7) mm
Leistung 125: 10,3 kW (14 PS) bei 8750 U/min
Leistung 300: 17,5 kW (24 PS) bei 8250 U/min
Max. Drehmoment 125: 12 Nm bei 6750 U/min
Max. Drehmoment 300: 26 Nm bei 5250 U/min
CVT-Automatik
Selbsttragender Stahlrahmen
Vorne Einarmschwinge mit Schraubenfeder und Stoßdämpfer
Hinten zwei Federbeine mit 4-fach verstellbarer Vorspannung
Reifen: 120/70-12 und 130/70-12
Bremsen vorne: 220-mm-Scheibe mit 2-Kolben-Sattel
Bremsen hinten: 220-mm-Scheibe mit 1-Kolben-Sattel
Radstand: 1380 (1385) mm
Sitzhöhe: 790 mm
Tankinhalt: 8,5 (7) l
Gewicht fahrfertig, vollgetankt: tbd
WMTC-Verbrauch: 3,3 (2,4) l/100 km
CO2: 75 (59) g/km
Topspeed: 125 (98) km/h
Und damit sind wir beim Design, das nicht an der bekannten Form rüttelt, aber in unzähligen Details verfeinert wurde: vom Kotflügel über die Lenkerverkleidung, von den feiner gespeichten Felgen und die Spiegel bis zum Heckabschluss mit neuer Leuchte (kastenförmiges LED-Licht!) und tiefer gesetztem Kennzeichenträger. Besonders exquisit: die nunmehr bündige Einfassung des Beinschilds durch eine Metallleiste, die je nach Modellvariante unterschiedlich ausgeführt ist. So können sich auch die einzelnen Modellvarianten besser voneinander ab- und in Szene setzen, vor allem die beiden Charakterdarsteller Supersport (schwarze Kontraste) und Supertech (matt-metallische Elemente). In Summe ergibt sich ein nochmals runderes, moderneres und edleres Auftreten, das die Bezeichnung der großen Vespa als Ikone weiterhin mehr als rechtfertigt.
Die neuen Varianten der Vespa GTS sollen Ende Oktober, Anfang November zu den Händlern rollen. Die leicht erhöhten Preise beginnen bei 5999 Euro für die GTS 125 und bei 6999 Euro für die GTS 300.