Vespa Elettrica: Der Elektro-Roller im Test
Von Michael Andrusio
Es war um das Jahr 1800 als im italienischen Como Alessandro Volta die erste Batterie entwickelte. 146 Jahre später begann die Firma Piaggio in Pontedera bei Pisa mit der Fabrikation der Vespa. Und es sollten weitere 72 Jahre vergehen, bis diese beiden italienischen Innovationen in einem Produkt zueinander fanden.
Piaggio hat nun also die Vespa elektrifiziert. Vespa Elettrica heißt der Roller und ist in zwei Varianten, als L1e (mit Führerschein B zu fahren) und als L3e (mit A-Schein bzw. B-Schein mit Code 111 Erweiterung zu fahren). Wir haben uns für den ersten Test die L3e ausgesucht. Die Leistung beträgt 3,5 kW, wobei kurzfristig auch 4 kW geliefert werden. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 52 km/h – das sind halt nur sieben km/h mehr als die L1e.
Optisch steht die Elektro-Vespa so vor einem da, wie man sich eine Vespa vorstellt. Klar, grundsätzlich basiert die Elettrica auf der Primavera. Alleinstellungsmerkmal der Elettrica sind aber die blauen oder grünen Akzente.
Wie sieht es mit der Bedienung aus? Wenn man einmal den Kniff mit dem „Map“-Schalter heraußen hat, funktioniert die Bedienung einfach. Mit dem kleinen Schalter auf der rechten Seite wählt man die Fahrmodi: Power, Eco und Reverse. Der Power-Modus ist der, mit dem die meiste Zeit unterwegs sein wird, Eco verlängert die Reichweite, begrenzt aber die Geschwindigkeit auf 30 km/h und mit Reverse fährt man retour (das ist beim parken auf Steigungen hilfreichen bzw. sonst einfach lustig, wenn man piepsend wie ein Lkw nach rückwärts rollt). Um zwischen den Modi zu wechseln, muss man den Map-Knopf solange gedrückt halten, bis Ready aufleuchtet und der entsprechende Modus fixiert ist. Dann dreht man am Gasgriff und fährt los.
Auffällig ist, wie wohldosiert die Elektro-Vespa die Kraft abgibt. Kein giftiges Anreißen, sondern ein konstantes, smothes Losbeschleunigen. Und man ist sehr flott aus dem Stand auf etwa 30 km/h. Dann wird’s zunehmend zäh und bei Tachoanzeige 53 km/h ist Schluss. Für die City ist das allemal ausreichend, nur wenn man größere Verkehrswege in Wien, wo 70 km/h erlaubt sind, nutzt, fühlt man sich als Verkehrshindernis. Aber vielleicht kommt ja noch was Stärkeres bzw. schnelleres.
Sonst genießt man das elektrisch surrende Vorankommen, ein Heulen gibt’s nur, wenn man die volle Power abruft. Das Geräusch muss man natürlich mögen. Das typische Knattern alter Vespas, wie es von manchen Fans so überaus geschätzt wird, gibt’s hier nicht – stattdessen gibt's Ruhe und gutes Auskommen mit den Anrainern.
Die Bremsen verzögern den 130 kg schweren Roller problemlos und auch sonst merkt man beim Handling, dass die Leute in Pontedera wissen, wie man Roller (mit oder ohne Elektro) baut.
Display
Das Display ist natürlich voll digital, zeigt an, ob man Strom verbraucht oder rekuperiert und wie es mit der Reichweite aussieht. Die 100 Kilometer, die der Hersteller angibt, wird man in der Realität nicht erreichen (es sei denn, man ist nur im Eco-Modus unterwegs), aber mit voller Batterie zeigt das Display 70 Kilometer an. Und beim Verbrauch der Elektro-Vespa kann man damit ziemlich lange in der City herumkurven, bevor man eine Steckdose ansteuern muss. Stichwort Laden. Ist die Batterie leer, sollte sie in 4 Stunden wieder gefüllt sein. Kleiner Haken: Das Ladekabel ist nicht sonderlich lang und man muss eine Steckdose bei der Hand haben, wo man mit der Elettrica nahe hinfahren kann. Den Akku herausnehmen und zu Hause im Wohnzimmer laden, funktioniert nicht.
In Sachen Konnektivität ist die Vespa natürlich up-to-date. Im kleinen Fach unter dem Lenker ist ein USB-Anschluss untergebracht und fürs Smartphone kann man sich eine entsprechende App herunterladen, über die das Telefon mit dem Bordcomputer der Elettrica verbunden wird. Telefonieren mittels Bluetooth-Verbindung geht auch, wenn man einen entsprechenden Helm hat. Stichwort Helm: Der lässt sich unter dem Sitz unterbringen, wenn es eine passende Halbschale ist (Vollvisier passt nicht) – Vespa bietet entsprechend stylishe Kopfbedeckungen an, die auch optisch zur Vespa Elettrica passen. Für 245 bzw. 319 Euro.
Preis
Billig ist die Vespa Elettrica freilich nicht. Die L3e kostet € 7.590 (wobei abzüglich Förderung 6.490 Euro bleiben). Die L1e ist (mit Förderung) 570 Euro billiger. Das muss man wollen, klar. Aber andere schicke Dinger auf zwei oder vier Räder, die rational betrachtet keine Sonderangebote sind, finden auch ihre Käufer.
Antrieb: Elektrischer bürstenfreier Motor mit KERS, Leistung: 3,5 kW (max. 4 kW), max. Drehmoment 200 Nm
Bremsen: vorne 200 mm Scheibenbremse mit ABS, hinten 140 mm Trommelbremse
Abmessungen: Länge 1.870 mm Breite 735 mm Sitzhöhe 790 mm Radstand 1.350 mm
Gewicht (fahrfertig): 130 kg
Batteriekapazität: 4,2 kWh
Reichweite: bis 100 km
Höchstgeschwindigkeit: 52 km/h