Motor/Fahrrad

„In Zukunft werden wir noch mehr Fahrradstraßen sehen“

In der Wiener Argentinierstraße ist seit November Baustelle. Allerdings eine Besondere: Hier entsteht eine Fahrradstraße. Nach niederländischem Vorbild wird der Straßenquerschnitt völlig neu aufgeteilt und die Straße verkehrsberuhigt. Fahrräder und Autos teilen sich die künftig rot eingefärbte Fahrbahn. Durch den Wegfall des bestehenden, viel zu engen Radwegs, entsteht viel Platz für breite Gehsteige und für Begrünungsmaßnahmen. Die neue Argentinierstraße bekommt 100 Grünbeete, 70 neue Bäume und rund 50 Hochstammsträucher.

Radler haben Vorrang

Autos und Fahrräder, die sich die Fahrbahn teilen? Laut Abstimmung erhielt diese Variante 85,5 Prozent Zustimmung. Die Variante mit einem baulich getrennten Zwei-Richtungs-Radweg wollten nur 14,5 Prozent.

  1. Gemeinsam: Nach niederländischem Vorbild teilen sich Fahrräder und Autos die rote Fahrbahn. Radler haben Vorrang, können in beide Richtungen und nebeneinander fahren, dürfen weder behindert noch gefährdet werden
     
  2. Große Zustimmung: 85 % der Anrainer wollten die Straße. Autofahrer hatten Bedenken bezüglich Stellplätzen, neuer Verkehrsführung und verkehrsberuhigenden Maßnahmen
     
  3. Kosten: Die finale Kostenabrechnung ist laut Stadt Wien noch nicht erfolgt. Zahlen wurden nicht kommuniziert. Im 8. Bezirk kommt ebenfalls eine Fahrradstraße: Von Pfeil-, Zelt- bis Josefsgasse

 

Weniger Konflikte

Fahrradstraßen sind in Österreich noch selten. Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer evaluierte gerade die erste Fahrradstraße in der Marburger Straße in Graz. Was weiß man nach einem Jahr Betrieb? „Wir haben an vier Beobachtungspunkten Verkehrskonflikte beobachtet und entlang der Strecke Auto- und Radfahrer befragt. Die kurzfristige Evaluation hat gezeigt, dass die Verkehrskonflikte an allen vier Beobachtungspunkten zurückgegangen sind“, so die Psychologin. Mehr als die Hälfte der Befragten – 59,4 % der Autofahrenden und 58,9 % der Radfahrenden – gaben an, dass die Maßnahme ihrer Einschätzung nach zu einer objektiven Erhöhung der Verkehrssicherheit entlang der Strecke führt. Auch die Freude an sowie Häufigkeit der Nutzung habe durch den Umbau zugenommen.

 

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Modell für die Zukunft?

Einer der größten Vorteile einer Fahrradstraße ist die deutliche Reduktion der Verkehrskonflikte. Schützhofer: „Regelbrüche wie Smartphonegebrauch oder Abbiegeverstöße bleiben aber eine Herausforderung. Ein möglicher Nachteil ergibt sich, wenn sich die Verkehrsbedingungen auf den umliegenden Straßen verschlechtern.“

Wie Autofahrer solchen Projekten gegenüberstehen, hängt laut der Forscherin sehr stark davon ab, welche Alternativrouten es für sie gibt und wie gut sie über diese informiert sind: „Je länger und unattraktiver der notwendige Umweg, desto kritischer werden solche Projekte gesehen. Wir haben Autofahrer entlang der Strecke befragt, ob sie es befürworten würden, wenn es bald weitere Fahrradstraßen in Graz geben würde. 35,3 % bejahten dies, 26,5 % waren unentschieden und 38,2 % dagegen.“

Dennoch sind Fahrradstraßen eine Zukunft. Schützhofer: „Radfahren boomt, insofern denke ich, dass wir noch mehr Fahrradstraßen haben werden. Und ja, das wird die städtische Mobilität verändern. Auch in Wien gibt es bereits die nächsten Projekte: Im 8. Bezirk – von Pfeil-, über Zelt- bis Josefsgasse – entsteht gerade eine Fahrradstraße, die eine Radverbindung von der Innenstadt bis zum Gürtel schafft. Und: Im Zuge der aktuellen Radwegeoffensive werden weitere Fahrradstraßen folgen.