MotoE: Die Stromschnellen auf zwei Rädern
Von Michael Andrusio
Man steht noch ziemlich am Anfang. Dass im Vorfeld des MotoE-Rennens in Spielberg ein Bike während des Ladens Feuer fing, war natürlich keine gute Reklame (glücklicherweise haben die parat stehenden spanischen Feuerwehrleute in Zusammenarbeit mit den steirischen Kollegen am Red Bull Ring Schlimmeres verhindert). Vor Beginn der Saison war nach einem ähnlichen Zwischenfall noch der gesamte Fuhrpark abgebrannt.
Auch wenn man mit den Piloten spricht, hört man, dass alle noch in einem Lernprozess stecken. Lorenzo Savadori vom Trentino Gresini MotoE Team erzählt von seinen ersten Erfahrungen mit dem Elektrobike: „Ich lerne immer noch dazu, da wir wir noch wenig Gelegenheit hatten, mit den Bikes Rennen zu fahren. Man muss einen sehr sanften Fahrstil pflegen, das Bike immer in Schwung halten. Zu fahren wie mit einem klassischen Bike, also spät und hart bremsen und dann wieder voll beschleunigen, funktioniert bei den Elektro-Bikes nicht. Das war auch die größte Umstellung für mich, als ich begonnen habe, in dieser Rennserie zu fahren“.
Die Motorräder sind einheitlich und werden von der italienischen Firma Energica geliefert. Das jeweilige Team hat wenige Möglichkeiten, etwas an den Motorrädern zu verändern. Man kann nur Feinjustierungen beim Fahrwerk oder bei der Elektronik vornehmen, der entscheidende Faktor ist der Fahrer.
Das Bike
Das Energica MotoE Bike wird von einem Elektromotor mit 120 kW (das entspricht 163 PS) angetrieben. Damit beschleunigen die Rennmotorräder in 2,8 Sekunden auf 100 km/h und erreichen einen Topspeed von 270 km/h.
Größtes Handicap der Elektrobikes sind noch die Reichweite und das Gewicht. Ein MotoE-Bike wiegt 260 kg und das meiste Gewicht geht auf Kosten der Batterie. Die ist nicht nur schwer, sondern auch noch ungünstig platziert – nämlich relativ weit vorne. Manche Fahrer haben schon gemeint, dass es sich anfühlt, als ob man mit einem (vollen) Kühlschrank zwischen den Beinen fahren würde. Auch für Lorenzo wäre das der Herzenswunsch für die nächste Saison: „Mehr Reichweite und eine leichtere Batterie“. Angst davor, dass sein Gefährt während der Fahrt Feuer fängt, hat der Italiener übrigens nicht. „Es macht Spaß, diese Bikes zu fahren“, erzählt er uns.
Im Starterfeld finden sich auch prominente Namen, wie der neunfache GP-Sieger Sete Gibernau aus Spanien oder der ehemalige KTM-Werksfahrer Bradley Smith.
Das Tempo, das die elektrisch betriebenen Bikes am Ende der Geraden erreichen, ist jedenfalls atemberaubend. Dass beim vergangenen Rennen in Spielberg die Strecke feucht war und niemand der Piloten Erfahrung mit einem E-Bike auf Nassem hatte, machte das Ganze zunehmend prickelnd.
Der Sound ist ein turbinenartiges Säuseln, wie man es in ähnlicher Form von der Formel E kennt. Das hat durchaus etwas faszinierendes, wenn die Motorräder wie Sternschnuppen fast lautlos an einem vorbeifliegen.
Eher noch unwürdig ist das piepsende Geräusch (ähnlich eines zurückschiebenden Lkw), das die Bikes von sich geben müssen, wenn sie in der Boxengasse unterwegs sind.
Aber das kann man für die nächste Saison wohl noch feintunen. Das Interesse an der neuen Rennserie ist jedenfalls groß. Nach den sechs Rennen 2019 sollen es in Zukunft deutlich mehr werden, wenn es nach den Veranstaltern geht, über 20 – wobei man vor allem auf Asien als Hoffnungsmarkt setzt.