MG Marvel R Performance: So fährt sich das stärkste SUV der Chinesen
Von Horst Bauer
Die Chinesen selbst bezeichnen den Marvel R Electric als Lifestyle-SUV. Damit spielen sie wohl auf das - nun ja - "eigenständige" Design vor allem der Front an. Dass es sich bei ihm um ein Elektroauto handelt, sieht man dem MG Marvel R jedenfalls auf den ersten Blick an.
Dass die Designer auch im Cockpit besonders cool sein wollten dokumentiert der dominante 19,4 Zoll große Touchscreen. Über ihn läuft der Großteil der Kommunikation zwischen Fahrer und Auto und das wirkt auf den ersten Blick auch tatsächlich sehr modern und den von Tesla-Cockpits geprägten Regeln folgend.
In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Optik alleine nur die halbe Miete ist. Der einem hochkant gestellten Tablet-Computer gleichende Bildschirm ist nämlich leider viel zu weit weg von der Sichtachse des Piloten platziert. Statt schräg vor ihm, sitzt er praktisch neben ihm auf der Mittelkonsole. Um den Touchscreen zu bedienen und die dort aufpoppenden Informationen einzusehen, ist man genötigt, seitlich zurückzuschauen. Das lenkt den Blick des Fahrers unnötig weit weg vom Geschehen auf der Straße, etwa um die Handlungsanweisungen der Navigation wahrnehmen zu können.
Fazit: Größe allein reicht nicht, wenn die Ergonomie darunter leidet.
Umso positiver zu vermerken ist in diesem Zusammenhang, dass zentrale, den unmittelbaren Fahrbetrieb betreffende Wahlmöglichkeiten über direkte Tasten und Schalter organisiert sind. So etwa die 3 Rekuperationsstufen oder die Fahrprogramme von Eco über Normal, Sport, Winter und im Top Marvel namens Performance auch 4WD.
Der stärkste Marvel R bietet nämlich nicht nur 3 Elektromotoren mit insgesamt 212 kW (228 PS) Leistung und einem Drehmoment von 665 Nm, sondern eben auch – im Gegensatz zu den beiden anderen Modellvarianten auch Allradantrieb. Damit schafft es der MG Marvel R Electric Performance – so der volle Name – all seine Kraft auch in entsprechenden Vortrieb umzusetzen. Der Beschleunigungswert von beachtlichen 4,9 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 spricht Bände.
Wie oft man sich solche Sprints allerdings erlauben kann, bis die 70-kWh-Batterie leergesaugt ist, werden erst ausführlichere Tests zeigen. Fakt ist jedenfalls, dass man, wenn man sich für die stärkste Variante des Marvel R entscheidet, auf rund 30 km Basisreichweite gegenüber den schwächeren Modellen verzichtet (WLTP Normreichweite 370 km statt 402 km).
Nachgeladen kann der fehlende Strom allerdings auch mit einer Gleichstrom-Schnellladung mit bis zu 92 kW werden, sollte es unterwegs einmal eng werden.
Chinese im Elchtest
Im Fahrbetrieb zeigt sich, dass das nicht nur ein theoretischer Wert ist. Die Flinkheit des gut 2 Tonnen schweren Lifestyle-SUV manifestiert sich auch bei Überholmanövern aus dem Verkehrsfluss heraus durchaus beeindruckend. Überraschender ist die Leistung des Marvel R aber dann, wenn es nicht nur geradeaus geht. Hat man sich mit der zunächst etwas synthetisch wirkenden Lenkung einmal angefreundet, lässt er sich durchaus agil durch Kurven aller Radien ziehen.
Auf welchem Niveau MG hier inzwischen angekommen ist, zeigt das untadelige Verhalten des Top-Marvel beim Elchtest, den er im Zuge der Testwoche der „Auto-des-Jahres“-Jury Ende September in Dänemark an den Tag legte. Bis Tempo 70 zeigte der Kandidat keine Schwächen zwischen den Pylonen. Kommentar der Tester: „ESP arbeitet sehr gut, bremst das Auto ab und es lässt sich durch alle Kurven steuern.“ Erst bei Tempo 74 (und damit einem Spitzenwert im Vergleich mit den anderen 27 Test-Kandidaten) wird das Untersteuern zu stark für die Bewältigung des Ausweichmanövers. Zum Vergleich: Der ebenfalls elektrische VW ID.4 GTX kommt nur bis Tempo 68.
Abschließender Kommentar der Elchtest-Piloten: „MG hat seine Hausaufgaben gemacht.“
Der MG Marvel R in der Performance-Variante ist bei uns ab Ende Oktober zu einem Preis ab 52.490 € zu haben.