So wird der elektrische Rolls-Royce Spectre gerade getestet
Von Horst Bauer
Nicht nur der Chef weiß, dass hier Geschichte geschrieben wird. Torsten Müller-Ötvös, CEO von Rolls-Royce, über das gerade mitten in der Erprobung steckende erste vollelektrische Modell der Luxusmarke: "Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass der Spectre der am meisten erwartete Rolls-Royce aller Zeiten ist."
Derzeit haben die Entwickler der noblen Briten aus dem BMW-Konzern ihre Zelte in Südfrankreich aufgeschlagen. Auf der - auch mit einer Steilkurve für Hochgeschwindigkeitsfahrten ausgestatteten - ehemaligen Rennstrecke von Miramas und den Landstraßen der Provence wird vor allem an dem vollkommen neu entwickelten Fahrwerk und der Aerodynamik des Spectre gearbeitet. Mit einem nunmehr feststehenden Luftwiderstandsbeiwert von 0,25 setzt das mächtige Coupé neue Maßstäbe für Rolls-Royce.
Dass der Spectre der "am besten vernetzte Rolls-Royce aller Zeiten" ist, merkt man auch am Fahrwerk. So profitiert etwa die Wankstabilisierung, für die eine Reihe neuer Hardware-Komponenten entwickelt wurde, stark von der hier erstmals verwendeten neuen elektronischen Architektur des Hauses. Diese bietet nicht nur eine Hochgeschwindigkeitsdatenverarbeitung, sondern wurde auch strategisch neuartig aufgesetzt. Die Idee hinter dieser "dezentralen Intelligenz" ist, den möglichst direkten Datenaustausch zwischen den einzelnen Komponenten zu ermöglichen, ohne alles über eine zentrale Steuereinheit laufen zu lassen. Die Daten können daher näher an der Quelle verarbeitet werden, was deutlich kürzere Reaktionszeiten ermöglicht.
Aber nicht nur bei der Elektronik geht man für den Spectre neue Wege. So ist die Vollaluminium-Spaceframe-Architektur mit Stahlprofilen verstärkt, was die Karosserie des Coupés zur steifsten in der langen Markengeschichte des Hauses macht. Einen wesentlichen Beitrag dazu liefert der Umstand, dass das Batteriepaket voll in die Fahrzeugstruktur integriert wurde.
Dank der hohen Torsionssteifigkeit können auch besonders leichte und groß dimensionierte Karosseriebauteile verwendet werden. So erstreckt sich die aus Aluminium gefertigte einteilige Seitenwand auf fast vier Meter Länge. Und knapp eineinhalb Meter lange, säulenlose Wagentüren hat man sich bisher auch noch nie erlauben können.
Nach rund 625.000 Testkilometern in Miramas und den Straßen der Provence und der Cote D'Azur ist die Entwicklung des Rolls-Royce Spectre nunmehr zu rund 40 % abgeschlossen.
Die Auslieferungen des ersten elektrischen Rolls-Royce der Geschichte an Kunden sollen Ende nächsten Jahres starten.