Dudenhöffer: Chinesen bei Elektroautos um Jahre voraus
Der Autobranchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht chinesische Hersteller im Vergleich zu deutschen Branchengrößen um Jahre voraus und hofft deshalb auf Zusammenarbeit zwischen den Marken. „Ich halte diese Kooperationen für sehr sinnvoll, denn wenn wir das nicht machen, verlieren wir unendlich viel Zeit“, sagte der 72-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Peking. China sei Deutschland etwa beim autonomen Fahren und der Sprachsteuerung von Autos um zehn Jahre voraus, auch weil es hierzulande keine geeigneten Teststrecken gebe. „Ohne die Chinesen geht es nicht“, resümierte der Wirtschaftswissenschaftler.
In jüngster Zeit haben die deutsche Autobauer allerdings beim Verkauf von E-Autos Boden gutgemacht, das gilt auch für den wichtigen chinesischen Markt. Nach einer Studie der Unternehmensberatung PwC wuchs ihr Absatz in den ersten neun Monaten des Jahres fast doppelt so schnell wie der Weltmarkt. Weltweit steigerten die deutschen Hersteller die Verkäufe ihrer reinen Batterieautos (BEV) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 63 Prozent. Der Gesamtmarkt legte um 33 Prozent zu. In China verbesserten sich die deutschen Hersteller laut Studie um 39 Prozent, während der chinesische BEV-Markt um 26 Prozent wuchs. Damit hätten sie die Herausforderung angenommen und „melden sich mit mutigen und technisch exzellenten Modellen zurück“, sagte PwC-Branchenexperte Felix Kuhnert.
Allerdings bleibe der Abstand zu den Marktführern groß: Die deutschen Autobauer hätten in China von Januar bis September zusammen gut 200 000 BEVs verkauft. Tesla habe allein sein SUV-Model Y dort fast 280 000-mal verkauft. Für kommendes Jahr erwarten die Branchenexperten von PwC ein globales BEV-Absatzplus von 40 Prozent für die deutschen und 31 Prozent für die chinesischen Autobauer.
Dudenhöffer, Gründer des Center Automotive Research, sieht einen Wandel im Ansehen chinesischer Automarken in Europa. „Wenn sie Innovationen haben, eine gute Qualität haben, Dinge haben, die andere nicht haben, dann werden die Leute das kaufen“, sagte Dudenhöffer. Chinas Hersteller würden vor allem mit Elektroautos nach Europa drängen, was dem Wettbewerb und damit auch den deutschen Autobauern gut tue.
Die EU-Kommission stieß Anfang Oktober eine Untersuchung gegen chinesische Subventionen für E-Autos an. Brüssel sieht in den Hilfszahlungen einen marktverzerrenden Wettbewerbsvorteil für Chinas Produzenten. Das Vorgehen der EU-Kommission beurteilte Dudenhöffer als „das Schlimmste, was man machen kann“. Eine chinesische Gegenreaktion etwa durch neue Einfuhrzölle könnte die deutsche Autoindustrie „gleich zwei oder dreimal“ schädigen, warnte er.
Welche der vielen chinesischen Marken auf dem europäischen Markt überleben werden, darüber wird eifrig spekuliert. „BYD wird bleiben“, gab sich Dudenhöffer überzeugt. Er verwies darauf, dass kleinere Marken wie Xpeng, die mit Volkswagen kooperieren, und auch Leapmotor, bei denen der Opel-Mutterkonzern Stellantis jüngst einstieg, bereits Verbünde eingingen. Andere Marken wie Geely und Chinas erster privater Hersteller Great Wall Motor bräuchten Größenvorteile. Die Hersteller müssten die richtige Strategie wählen: mit wenig Zeitverlust viele E-Autos verkaufen, weil man Kostenvorteile habe - „und die anderen verhungern dann, weil sie mit den Kosten nicht nachkommen“.
Mit der Eröffnung von Produktionsstandorten chinesischer E-Auto-Marken in Deutschland rechnet Dudenhöffer nicht. „Ein richtig modernes Werk kann ich mir im Moment nicht vorstellen“, sagte er. Andere europäische Länder hätten da bessere Karten. In Deutschland seien zum Beispiel die Energiekosten im Vergleich mit Polen, Ungarn und Spanien zu hoch. Der Preiswettbewerb mit den Chinesen werde hart, ist sich Dudenhöffer sicher. „Damit müssen sich auch die Deutschen auseinandersetzen. Mit Tesla haben wir ihn ja schon.“