Meinung

Testballon und dumme Prinzen

Manches kann man nicht ignorieren. Schaufenster, auf denen in Riesenlettern "Brustvergrößerung für 24 Stunden" steht etwa. Ich hab es versucht. Neulich, in Berlin.

Das Schaufenster war auf halbem Weg zwischen Hotel und U-Bahn. Das erste Mal ging ich kopfschüttelnd daran vorbei. Ich hatte es eilig.

Das zweite Mal hab ich die Aufschrift fotografiert. Ich hatte es nicht ganz so eilig.

Beim dritten Mal fand ich mich im Beauty-Tempel wieder. Wo sonst hätte ich erfahren sollen, wie das 24-Stunden-Wunder funktioniert?! Für alle, die es noch nicht wissen: Mit einer Kochsalzlösung, injiziert bei örtlicher Betäubung. Kostenpunkt: 1000 Euro.

Also ein Betrag, den sich Frau ein bissl schönreden muss. Oder schönrechnen. Sagen wir so: 24 Stunden sind 1440 Minuten. Eine Minute kostet also nicht mal einen Euro. Eine Sekunde kostet noch weniger. Fast nix.

Die Beraterin kann Gedanken lesen. Sie ist Rechenkünstlerin, macht aus 1000 Euro Kosten flugs 1000 Euro Gutschrift. Das Einzige, das man dafür machen muss, ist eine Brust-OP beim selben Institut, verrät sie. Ich hab nicht gefragt, was das kostet.

Weil im Folder steht, dass 24 Stunden ausreichen, um "bei einem wichtigen Date, einer Cocktail-Party oder der eigenen Hochzeit mit Traumproportionen zu glänzen". Dass in Stunde 25 irgendwie die Luft draußen ist, steht auf einem anderen Blatt.

Irgendwie erinnert die 24-Stunden-Verwandlung an Märchen. Da war es mit dem Zauber auch immer schnell vorbei. Wer die Gebrüder Grimm gelesen hat, weiß das. Die Prinzen in den Märchenbüchern hatten verlässlich peinliche Frisuren und waren zudem bedenklich dumm. Der von Aschenputtel zum Beispiel.

Er tanzte die ganze Nacht mit seiner Angebeteten, verliebte sich dabei unsterblich, konnte sich aber tags darauf nicht genau erinnern, in wen. Deshalb hätte er statt der Angebeteten fast eine ihrer bösen Stiefschwestern geheiratet.

Und wegen so einem Prinzen soll man sich ... noch größer machen?