Sichtbar und unsichtbar
Von Sandra Baierl
Alle reden – immer noch – vom Homeoffice und nur selten wird dabei bedacht, dass die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung gar keine Möglichkeit hat, ihren Job von zu Hause aus zu erledigen. Menschen, die im Handel arbeiten, in der Pflege, am Bau, Dienstleister wie Friseure und Gärtner, Zustelldienste und Köche, Kellner und überhaupt alle Handwerker – sie rücken täglich aus und sind starker, sichtbarer Teil der arbeitenden Gesellschaft.
Wobei: Wie viel Privileg im Homeoffice-Monster steckt, ist eine ganz andere Frage. Wer dauerhaft zu Hause sitzt, ist auch dauerhaft isoliert, abgeschottet und allein, fällt vielleicht als Mitarbeiter gar nicht mehr auf. Besonders lustig ist das – über Monate oder immer – auch nicht gerade.
Wie geht es also all jenen, die in der Corona-Hochphase – und auch jetzt – ihre „Präsenz-Dienste“ leisten, die unter schwierigen Rahmenbedingungen arbeiten und, weil vor Ort bei den Menschen, auch einem gewissen Risiko ausgesetzt sind?
Die Redakteurinnen Diana Dauer und Ornella Wächter haben recherchiert und erkannt: die ewige Rede vom Homeoffice ist eine Segmentdebatte, die an der Mehrheit der Bevölkerung relativ emotionslos vorbeizieht.
Denn: Die Präsenz-Arbeiter sind sich (jetzt umso mehr) sicher, dass ihre Leistungen tatsächlich gebraucht werden – weil systemrelevant –; ihr Image hat sich in der Corona-Zeit auch deutlich verbessert.
Das Homeoffice schafft eine Kluft zwischen Präsenz- und Distanz-Arbeitern. Es ist eine Kluft zwischen Arbeitern und Angestellten, zwischen Niedrig- und Höhergebildeten, zwischen Dienstleistern und Wissensarbeitern. Nicht selten tun sich diese Unterschiede innerhalb der Unternehmen auf: die eine Abteilung ist da, die andere nicht. Der eine Mitarbeiter ist präsent, der andere nicht. Der eine wird physisch gebraucht, der andere nicht. Was ist gut, was ist besser?