Meinung

"Pension – Lust oder Frust?"

Die demografische Entwicklung gibt uns heute Chancen, die unsere Ahnen nie hatten.

Dr. Leopold Stieger
über den Lebensabschnitt nach dem Berufsleben

Ob jemand noch vor seiner Pensionierung steht oder die Schwelle in den "wohlverdienten Ruhestand" schon überschritten hat: in jedem Fall steht ein Potpourri an Chancen zur Verfügung, das man nützen kann, wenn man will.

Lust oder Frust in Ihrer Pension? Die Antwort geben nicht ein Orakel oder eine Lotterie, sondern nur Sie selbst. Von Ihnen hängt es ab, ob Sie die Zeit, die Sie noch vor sich haben, in Ihren Augen als gelungen betrachten – oder nicht. Es ist Ihre Entscheidung. Dazu brauchen Sie Argumente, damit Sie Ihre bisherigen Überlegungen prüfen und Ihre Entscheidung fundiert treffen können. Es geht um nichts anderes als um Ihr Leben.

Lebenszeit

Heutzutage haben wir bei Pensionsantritt noch etwa ein Viertel unseres Lebens vor uns, manche von uns sogar noch ein Drittel. Historisch gesehen ist das völlig neu. Jedoch passen sich viele Österreicher an diese Realität nur sehr langsam an, weil uns immer noch das Bild aus der Vergangenheit prägt und wir eher in den Rückspiegel blicken, als auf das, was vor uns liegt. So gilt es, eine relativ große Periode nach dem Übergang zu gestalten und sich zu fragen: "Was fange ich mit der verbleibenden Lebenszeit nach dem Berufsende an?"

Die demografische Entwicklung gibt uns heute Chancen, die unsere Ahnen nie hatten. Wir bekommen heute erstmals in der Menschheitsgeschichte eine neue Phase geschenkt, die sogenannte "Freitätigkeit", nach dem Beruf, aber vor dem Ruhestand. In dieser Phase kann jeder fast alles unternehmen, ohne es in der Regel tun zu müssen. Viele Untersuchungen besagen, dass ein Mensch gesünder ist und länger lebt, wenn er eine herausfordernde Aufgabe gefunden hat. Man wird also nicht dadurch älter, dass man sich in der Hängematte schont, sondern dadurch, dass man eine befriedigende Herausforderung gefunden hat.

Potenziale nützen

Wer diese Chancen nützen will, beginnt am besten mit dem Sammeln von Ideen, was man gut kann und gerne tut. Mit anderen Worten heißt dies, die eigenen Potenziale zu sammeln. Anschließend kann man sich fragen, welche Träume man im Leben nicht realisieren konnte. Vielleicht wurden Sie in der Ausbildungszeit angehalten, eine bestimmte Fachrichtung einzuschlagen, weil man dabei mehr verdienen könne. Sie wollten aber etwas anderes lernen und tun. Jetzt, in dieser neuen Lebensphase, besteht die Chance, dies oder zumindest Aspekte davon zu nützen und etwas Eigenes damit anzufangen. Freitätigkeit heißt ja: ohne Zwang das zu tun, wozu man seine Fähigkeiten spürt und was man nützen will. Sozusagen die Ernte einzubringen.

Die Potenziale sammeln und Träume aufspüren sind wohl die zwei wichtigsten Quellen, wenn man auf der Suche nach befriedigenden Herausforderungen geht. In dieser Phase sind Partner, Freunde, Berater und Experten sehr hilfreich, um die eigenen Talente besser zu erkennen.

Prof. Dr. Leopold Stieger ist Autor des Buches "Pension – Lust oder Frust?", seit Kurzem im Buchhandel erhältlich.