Meinung

Österreich in der Downsizing-Falle?

Entscheider müssten eine ganzheitliche Vision für Österreich entwickeln

Michael Brandtner
über eine gezielte Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik

Finanzminister Michael Spindelegger warnt aufgrund der nach unten revidierten Wirtschaftsprognosen vor einem erneuten Budgetloch und fordert verstärkte Einsparungen. Nur übersieht er dabei, dass er durch die Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand selbst Teil dieser Wirtschaftsprognosen ist. Um besser zu verstehen, worum es geht, sollten wir uns dazu eine fiktive Gemeinde ansehen.

Gedankenspiel

Stellen Sie sich vor, Sie wären der Bürgermeister einer Gemeinde irgendwo in Österreich. Seit Jahren müssen Sie erkennen, dass die Ausgaben regelmäßig über den Einnahmen liegen. Sie können jetzt eigentlich nur an zwei Schrauben drehen: (1) Einnahmen durch höhere Gebühren und Abgaben erhöhen. (2) Sie können versuchen, die Kosten durch etwa Personalabbau oder auch das Hinausschieben von Investitionen zu senken. Beides wird Ihre Gemeinde im Laufe der Zeit für die bestehenden und für die potenziellen Gemeindebewohner sowie für bestehende und potenzielle Unternehmen unattraktiver machen. Sie könnten aber auch eine gezielte Offensive starten, um etwa ein größeres Unternehmen in Ihrer Gemeinde anzusiedeln. Damit würden Ihre Einnahmen steigen, es würden Arbeitsplätze entstehen und sie könnten auch wieder in die Infrastruktur investieren. So zeigen auch Studien, dass in der Regel die Regionen mehr Wohlstand haben, in denen es starke Industrien und Unternehmen gibt. Eine Gemeinde mag ein kleiner Teil im Wirtschaftssystem Österreich sein, der von einer gezielten Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik massiv profitieren kann. Österreich wiederum ist ein kleiner Teil der EU und ein noch kleinerer Teil der globalen Wirtschaft. Warum also sollte hier eine gezielte Offensive keine Wirkung zeigen, um den Standort in gezielten Bereichen für bestehende und vor allem auch potenzielle Unternehmen attraktiver zu machen? Nur dazu müssten die Entscheider eine ganzheitliche Vision für Österreich entwickeln, die weit über die bisher angedachten Strukturreformen hinausgeht. Vor allem müsste man definieren, in welchen wirtschaftlichen Bereichen Österreich eine führende Rolle global spielen kann und sollte. Dies wiederum hätte enorme Auswirkungen auf die Wissenschaft und damit auch die Finanzierung dieser, um auch global Standards setzen zu können.

Weichenstellung

Nur davon sind wir weit entfernt, wo doch auch Bundeskanzler Faymann weiß, dass man am besten die Zukunft schafft, indem man an der Vergangenheit und Gegenwart nichts oder so gut wie nichts ändert. So steht zu befürchten, dass Michael Spindelegger – nur um sein Budgetziel 2016 zu erreichen – Österreich in eine gefährliche Downsizing-Spirale manövriert, statt endlich gemeinsam mit seinem Koalitionspartner SPÖ die strategischen Weichen für die Zukunft zu stellen.