Neuer Elan für den Westbalkan
Von Ulrike Lunacek
über die Westbalkan-Konferenz in Wien
So wie für die EU braucht es einen Green New Deal für den Balkan
Es war zwar nur Teil des Rahmenprogramms der Westbalkan-Konferenz in Wien, doch die Symbolkraft war stark: In einem Fußballspiel sind Minister des "FC EU" gegen den "FC Future-EU" angetreten. Es ging aber um das Gemeinsame, das gemeinsame Europa. Und das ist dringend notwendig. Denn die im EU-Wahlkampf 2014 gemachte Ansage von Jean-Claude Juncker, in den nächsten fünf Jahren werde es keine Erweiterung geben, hat zu massiver Ernüchterung geführt. "Die EU will uns nicht mehr", so die Wahrnehmung in den sechs Balkanländern.
Die EU muss jetzt die "Reset"-Taste drücken. Denn die Integration der Westbalkanländer ist der Friedensauftrag der EU, gerade auch in Zeiten der größten Flüchtlingskrise, die auch diese Westbalkan-Konferenz dominiert hat und die die EU mit den Mitgliedstaaten zu bewältigen hat. Junge Menschen brauchen eine Perspektive – in ihrer Heimat.
Trotz aller hausgemachten Probleme in den sechs Staaten liegt mir daran, auf Versäumnisse und Blockaden seitens der EU und ihrer Mitgliedstaaten hinzuweisen. Balkangipfel wie der in Wien sind mit ihrem Jugendaustauschprojekt gute Initiativen; sie müssen aber vor Ort Erfolge liefern. Der Gipfel in Wien hat ein starkes Signal gesendet, dass die Integration der sechs Staaten in die EU ein vorrangiges Ziel ist. Jetzt muss die EU-Kommission als Reaktion diesen Prozess vorantreiben.
Ich fordere mehr Druck vonseiten der Mitgliedstaaten auf jene fünf EU-Staaten, die den Kosovo bis heute nicht anerkennen, sowie auf Griechenland, im Namensstreit mit Mazedonien endlich einzulenken. Und: Kosovarinnen und Kosovaren müssen endlich wie alle anderen Menschen in der Region frei für drei Monate in die EU reisen dürfen, und sich nicht mehr eingesperrt fühlen müssen – das reduziert auch die Asylanträge.
Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit müssen vor falsch verstandener Stabilität stehen: Politische Wechsel sind Essenz der Demokratie; sie dürfen nicht infrage gestellt werden durch politische Interventionen zugunsten der Regierenden, weil man sie "schon kennt" oder sie zur eigenen politischen Familie gehören.
Ein faires Spiel
So wie für die EU braucht es einen Green New Deal für den Balkan: Investitionen in erneuerbare Energien und Energie-Effizienz – da gibt’s Jobs! – statt Hilfen für neue Kohlekraftwerke. Außerdem: Jugendaustausch, regionale Aufarbeitung der Geschichte, Unterstützung von Frauenorganisationen, wie dem Kosovo Women’s Network durch die Austrian Development Agency (ADA) oder "Follow Us", der kosovarisch-serbischen Parlamentarierinnen-Initiative durch die OSZE. Geht auch nach dieser Wiener Konferenz alles weiter wie bisher, läuft "die EU" Gefahr, die Menschen der Region an religiöse und/oder nationalistische Extremisten zu verlieren. Dem Anpfiff in Wien muss ein faires Spiel folgen. Wenn EU und Future-EU auf Sieg spielen, gewinnen alle.