Wie viel Kreuz braucht der Gipfel? Oder eher: Wie viel Ziel braucht es am Berg?
Von Anja Kröll
Mehr hat es nicht gebraucht. Ausgerechnet im Heiligen Land hat der Alpenverein pünktlich zum Sommerloch zum Stopp der Gipfelkreuze aufgerufen.
Die Alpen seien erschlossen. Und erschlossen seien somit auch die Gipfel des Landes mit den Kreuzen.
Entrüstung. Oder vielmehr Entkreuzung. Es wurde rasch politisch. Und rasch wieder still um das Thema.
Doch lassen Sie uns vom Bergdorf einmal in aller Ruhe auf das Lieblingsgipfelkreuz blicken. Das man auch vom Dorfplatz aus erspäht. An sonnigen Tagen blinzelt es einem gerade zu. Als würde es leise flüstern: „Wo bist? Was tust da unten? Wenn du doch fast auf 3.000 Metern bei mir sein könntest.“ Ein g’scheites Kreuz ist das.
Vor einigen Jahren hat es der Blitz getroffen. Nicht einmal, sondern Tausende Male. Und hätten es nicht Bergrettung und viele Freiwillige mühsam erneuert, ich sag Ihnen, wie es ist, mir würde beim Blick auf den Berg etwas fehlen.
Kann man sagen: Gewohnheit. Kann man sicher nicht sagen: Religiosität.
Was auch historisch betrachtet nachgewiesen ist. Denn im 16. Jahrhundert übernahmen Kreuze primär die Funktion von Gemeindegrenzen und Markierungen. Später dann als Halterungen für Blitzableiter oder Wetterstationen.
Nicht zu vergessen die weit banalere Funktion als Endpunkt. Wanderer, die ein Kreuz erblicken, wissen: Auffi muss I. Bis dahin, dann hab ich geschafft.
Das Kreuz als Ziel. Als Aussicht auf Erfolg. Auf das baldige kühle Bier in der Hütte.
Gewiss, der echte Wanderer weiß, ein Berg gehört einem erst, wenn man wieder unten ist. Nicht, wenn man am Kreuz steht. So einem ein Berg je überhaupt gehören kann.
Aber das ist nun fast schon wieder eine (berg-)religiöse Frage.