Eine neue Jahreszeit, die im August beginnt
Von Anja Kröll
Alle reden über die Hitze. Reden wir doch lieber über den Herbst. Nennen wir es, den Vor-Herbst. Bevor ich hier wüst beschimpft werde, dass ich Ihnen nicht mal mehr 35 Grad vergönne.
Lege mir fern! Haben Sie Schweiß und Sommergefühle ohne Ende.
Aber im Bergdorf ist seit jenem Tag Herbst, als sich die Zirbennadeln vor dem Küchenfenster gelb verfärbt haben. Was vor ungefähr zwei Wochen der Fall war. Über Nacht. Ungelogen.
Am Samstag sind dann 2/3 aller gelben Nadeln abgefallen und bilden nun einen rostbraunen Teppich in der Einfahrt, der weggekehrt werden will. Da kann das Thermometer noch so sehr 32 Grad auf 1.200 Metern Seehöhe anzeigen, gelbe Zirbennadeln auf der Erde bedeuten, dass das Sommer-Ende naht.
Was nicht einmal ein Nachteil sein muss. Außer sie sind schulpflichtig und müssen nun nach 9 Wochen Sommerferien wieder die Schulbank drücken. Aber Vor-Herbst im August, das ist wie ein Versprechen. Ein geflüstertes.
Dass die Zeit der Touristenmassen – und die gab es heuer wirklich – im Bergdorf ein Ende nimmt. Statt grellpinken, atmungsaktiven Sportpunkten treiben sich dann wieder weniger modische Schwarz- und Preiselbeerklauber an den Gebirgshängen herum.
Alles wird eine Spur ruhiger. Nur die Kreissägen und Holzspalter heulen lauter, wenn es darum geht, dass das Holz für den Winter rechtzeitig in die Holzhütte muss. Die dicken Strickpullover werden im Kasten nach vorne geholt, wobei im Bergdorf landen sie ohnedies nie im letzten Eck.
Vielleicht ist der Vor-Herbst so etwas, wie die Zeit zwischen den Jahren, die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr.
Nicht mehr Sommer, noch nicht ganz Herbst. Zeit, irgendwo zwischen den Jahreszeiten.