Der Mann, der 3.000 Paare gestalked hat und viel daraus lernte
Von Yvonne Widler
Beziehungsforscher versuchen seit Jahren das Regelwerk der Liebe und funktionierender Beziehungen zu entschlüsseln. Einer von ihnen ist der Psychologieprofessor John Gottman. Bekannt, weil er unter anderem ein „Ehelabor“ betreibt, in dem er bisher über 3000 Paare beobachtet, abgehört und folglich analysiert hat.
Sein Labor findet man am Campus der Universität in Seattle. In einem nachgebauten kleinen Hotelzimmer mit angebrachten Mikrofonen und Kameras werden Paare „untersucht“. Beim Frühstücken, beim Diskutieren, beim Lachen, beim Zeitunglesen. Er studierte die Kritik, die sich die Paare gegenseitig kommunizierten, ihre kleinen und großen Machtdemonstrationen, die Mienen, die sie dabei zogen. Er müsse ein Paar nur fünf Minuten lang beobachten, dann könne er sagen, ob es sich scheiden lassen wird oder nicht, sagt Gottman über sich und seine Arbeit. Angeblich liegt er in 90 Prozent der Fälle richtig.
Im Netz fand ich einen Vortrag von Gottman: „Make Marriage Work“. Da steht dieser kahlköpfige, weißbärtige, sympathische Mann mit Brille, der unzählige Stunden damit verbracht hat, Männer und Frauen im Namen der Wissenschaft zu stalken. Zu Beginn seiner Rede ist es ihm besonders wichtig zu betonen, dass er kein Beziehungsguru ist, dass er aus seiner jahrelangen Forschung jedoch einige Schlüsse gezogen hätte. Unter anderem sei es wichtig, Zuneigung und Bewunderung für einander zu pflegen.
Gottman war es auch, der fünf Typen von Paaren charakterisierte: Drei stabile und zwei instabile. Um diese einordnen zu können, nutzte er die recht bekannte 5:1-Formel: Solange in einer Partnerschaft mindestens fünf Mal häufiger liebevolle, konstruktive Verhaltensweisen vorkommen als negative oder feindselige Interaktionen, gilt diese als stabil.