Ausmisten selbst gemachter Kunstwerke ist gnadenlos
Ich mag Kunst. Auch die unserer Kinder. Ich schätze es, dass wir drei kreative, einfallsreiche Menschen in unserer Familie haben, die quasi durchgehend malen, kleben, schneiden, stricklieseln, batiken und falten. Nur: Wohin bitte mit all diesen Sachen? Bis dato hab ich noch kein Depot angemietet, deswegen kann unmöglich alles behalten werden.
Das sorgt, gelinde gesagt, für Unmut. Wenn unsere Mini-Picassos also eines ihrer Kunstwerke suchen, schauen sie zuerst im Altpapier-Behälter nach. Die Frage lautet mittlerweile nicht mehr: „Mama, wo ist das Bild xy?“, sondern „Mama, hast du das Bild xy schon weggeschmissen?“ Nun habe ich kein Herz aus Stein, weiß, dass in manchen Sachen viel Arbeit steckt. Und trotzdem: Ein Teil davon muss einfach wieder weg. Dazu habe ich ein ausgeklügeltes System entwickelt, das nach Bedarf adaptiert werden kann. Und das funktioniert so.
Schritt 1 – Sichten: Nicht jeder Strich auf weißem Papier, nicht jedes Origami-Blatt mit drei gefalteten Ohren dokumentiert die kreative Laufbahn des Nachwuchses.
Schritt 2 – Nachfragen: „Brauchst du das wirklich?“. Kinder hängen nicht an allem, was sie fabrizieren. Sagen sie allerdings ja, habe ich ein Auge drauf, ob das Herz tatsächlich dranhängt. Falls nicht, weg damit.
Schritt 3 – Einordnen: In eine große Portfolio-Mappe kommen ganz besondere Kunstwerke. Das drückt Wertschätzung aus.
Vor etwa einem Jahr interviewte ich den Künstler Erwin Wurm. Unsere älteste Tochter beobachtete mich bei den Vorbereitungen und gab mir schließlich ein geheimes, selbst gebasteltes Dokument für Erwin Wurm mit. Er faltete das Papier auf, schmunzelte, schrieb und zeichnete selbst etwas dazu, und ließ mich den Zettel wieder einpacken. Da ich ein kleiner Wurm-Groupie bin, ist das jene Bastelei unserer Kinder, die ich gerahmt habe und seitdem bewundere. Und nach der sie niemals im Altpapier suchen müssen.