Meinung

Norbert Hofer - bald als Selbstkontrollorgan?

Aufmerksamkeit durch Polarisierung ist der FPÖ wieder einmal sicher – und ein starker Slogan.

Peter Temel
über Norbert Hofer und "Macht braucht Kontrolle"

Die FPÖ lässt nun also "Macht braucht Kontrolle" plakatieren. Die Verwendung von Thomas Klestils berühmtem Wahlslogan aus seinem ÖVP-Hofburg-Wahlkampf 1992 sei kein Signal an bürgerliche Wähler, sondern ein Signal an den Hausverstand. Das sagt zumindest Norbert Hofers Wahlkampfleiter, Herbert Kickl, bei der Präsentation der neuen Plakate für die zweite Hofburg-Stichwahl.

Klestil, der 2004 verstorben ist, hätte aber wohl keine große Freude mit seinen Nachahmern. Denn Schwarz-Blau gelobte er im Jahr 2000 für alle sichtbar mit steinerner Miene an. Und sein Versprechen, ein aktiver, kontrollierender Bundespräsident zu sein, löste Klestil just im Vorfeld dieser Angelobung am auffälligsten ein. Zwei FPÖ-Politiker – Hilmar Kabas und Thomas Prinzhorn – hatte er noch von der Ministerliste gestrichen.

Dass die FPÖ mit der Verwendung des Spruchs nun ein spätes Revanchefoul an Klestil verüben wollte, lässt sich nicht nachweisen. Auf der FPÖ-nahen Plattform unzensuriert.at wird derweil genüsslich darüber berichtet, dass der Slogan eigentlich den Freiheitlichen zuzuschreiben sei. Er stamme aus dem Jahr 1973, wie auch auf Twitter diskutiert wurde. Aufmerksamkeit durch Polarisierung ist den Blauen also wieder einmal sicher – und ein starker Slogan im Wahlkampf.

Alle Inhalte anzeigen

Hinter "Macht braucht Kontrolle" stehe Hofers Amtsverständnis, erläuterte Kickl bei der Präsentation. Der FP-Kandidat sehe sich als "notwendiges Gegengewicht zum Machtkartell".

Hofer wird allerdings von seinem Gegenüber, Alexander Van der Bellen, sicher mit der Frage konfrontiert werden, ob er, im Falle eines Wahlsiegs nicht über kurz oder lang seine eigene Partei kontrollieren müsste. Denn die FPÖ liegt derzeit in der Sonntagsfrage vorne und könnte sich, je nach Termin der nächsten Nationalratswahl, bald selbst in einer Regierung wiederfinden. Schon bei der ersten Stichwahl war für viele Van-der-Bellen-Wähler ein wichtiges Wahlmotiv, eine mögliche Machtkonzentration von Präsidentenamt und Regierungsfunktion in Händen der Strache-FPÖ zu verhindern.

Ironie am Rande: Gewissermaßen übt Hofer schon jetzt eine Funktion als Selbstkontrollorgan aus. Denn wem fiele im Falle von bösen Wahlkampf-Fouls die Rolle zu, mäßigend einzuwirken? Dem Bundespräsidenten. Derzeit werden dessen Amtsgeschäfte von den drei Nationalratspräsidenten geführt. Einer davon heißt Norbert Hofer.