Arme Österreicher, arme Frauen, arme Schüler
Frauen werden gehaltsmäßig ständig benachteiligt; die Österreicher werden immer ärmer; jedes Bildungsproblem lässt sich mit der Gesamtschule lösen. Das sind ein paar vorgestanzte Formeln im Land. Werfen wir doch einen genaueren Blick darauf:
Vorurteil Nr. 1
Die Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen geht immer mehr auf. Schuld sind wahlweise: der Old-boys-club / fehlende Kinderbetreuung / Firmen, die Frauen prinzipiell benachteiligen / zu viel Teilzeitarbeit (Passendes bitte ankreuzen). Dabei werden aber gern ein paar "Nebensächlichkeiten" übersehen – etwa, dass Frauen weniger häufig als Männer Ausbildungswege einschlagen, die später ein höheres Gehalt bringen. Natürlich führt auch das frühere Frauen-Pensionsantrittsalter zu niedrigerem Lebenseinkommen. Insgesamt ist die Frauenerwerbsquote jedoch gestiegen. Weil viele junge Mütter nun aber Teilzeit (statt wie früher gar nicht) arbeiten, senkt sich das weibliche Durchschnittseinkommen, womit aus einem prinzipiellen Fortschritt ein statistischer Rückschritt wird. Dass die Teilzeitquote insgesamt steigt (was wiederum Arbeitnehmervertreter Alarm schlagen lässt), liegt auch an der beliebten Altersteilzeit, die in Wahrheit eine versteckte Form der Frühpension ist, weil sie absurderweise geblockt werden darf.
Vorurteil Nr. 2
Während man viel Geld den (allerdings häufig ohnehin irgendwie staatlichen) Banken in den Rachen wirft, werden die Menschen immer ärmer. Das trifft auf unser Land zumindest bis dato nicht zu. Wie eine neue RegioData-Studie zeigt, liegt die Kaufkraft der Österreicher auf Platz sieben in der EU, und sie ist seit Ausbruch der Finanzkrise sogar um 2,2 Prozent jährlich gestiegen – stärker als in Deutschland.
Vorurteil Nr. 3
Würde man die Gymnasien abschaffen und alle Kinder in der Gesamtschule unterrichten, wird alles gut. Was nie dazugesagt wird: Möglich wäre das nur mit echten Leistungsgruppen in jedem Fach und Bildungszielen, die ernst genommen werden. In der Folge würde aber der jetzt noch (halb-)freie Zugang zu weiterführenden Schulen und zur Universität durch überprüfbare Kriterien eingeschränkt. So ist das in Ländern mit Gesamtschule.
Wird sie in Österreich ohne Leistungsorientierung eingeführt, pendelt sie sich im unteren Durchschnitt ein. Das würde einen noch größeren Run auf das Privatschulwesen auslösen.
Statt mit falschen Stereotypen Politik zu machen, sollte man lieber die ganze Wahrheit sagen und dafür sorgen, dass in einem der teuersten Bildungssysteme der Welt nicht weiter Tausende Analphabeten produziert werden.