Wenn doch schon 15. Oktober wäre ...
Von Josef Votzi
Jetzt schlägt die Stunde des Robert Lugar. Wenn doch schon 15. Oktober wäre...
über Kerns freie Partnerwahl im Hohen Haus
Alexander Van der Bellen war gestern nahe daran, neuerlich vor die Fernsehkameras zu treten. Erst Montagmittag hatte der Bundespräsident mehr Vernunft statt verständlicher Emotionen eingemahnt: "Über der Parteitaktik muss immer das Gesamtinteresse Österreichs stehen." Konkret forderte er "rasch Klarheit über den Wahltermin" und beim Regierungspersonal. In Sachen Neuwahl nahm das Oppositionsquartett dem Poker-Duo Kern & Kurz das Heft aus der Hand.
Das kindische Gezerre um den Vizekanzler beendete Kern erst nach einem deutlichen Wink aus der Hofburg: Wenn der Bundespräsident Reinhold Mitterlehner nicht bald aus der Pflicht entlassen könne, werde dieser den Wunsch nach einem neuen Vizekanzler auch öffentlich deutlich machen müssen. Die Peinlichkeit, vom Präsidenten einmal mehr zur Staatsräson gerufen zu werden, blieb am Ende doch allen erspart.
Nicht erspart bleibt der Republik ein neues hochriskantes Spiel. Die Regierung ist zwar wieder komplett, mit Brandstetter & Kurz arbeiten will Kern aber nicht mehr. Ersetzt künftig allein auf das freie Spiel der Kräfte. Das klingt nur nach lustvoller Kreativität. Der Wettlauf aller Parteien, wer holt last minute das meiste für seine potenziellen Wähler raus, kam zuletzt sauteuer. Der 2008 im Hohen Haus geschnürte Geschenkkorb mit guten Gaben für Pensionisten, Familien und Studenten kostete die Steuerzahler bis heute 30 Milliarden Euro.
Die (letzte) Stunde des Team Stronach
Im Parlament gibt es derzeit weder eine eindeutig linke noch rechte Mehrheit. Beide Lager brauchen ein paar Stimmen als Zünglein an der Waage. Die sechs Glücksritter vom Team Stronach kämpfen ums nackte Überleben. Es steht zu befürchten, dass Robert Lugar & Co nun eine größere Rolle spielen, als dem Land guttut.
Es ist verständlich, wenn sich viele angewidert abwenden: Lasst mich mit diesen taktischen Spielen in Ruhe und macht euren Job. Genau daran entzündeten sich jene Scharmützel, die nun in einem hässlichen Rosenkrieg enden. Eine Regierung, in der jeder in eine andere Richtung zieht, kann auf Dauer nicht gut gehen. Der Kanzler erzwang mit seinem Plan A und einem Ultimatum zwar ein neues Regierungsprogramm. Die inneren Vorbehalte gegen so erzwungene Kompromisse wurde schon davor mal auf offener Bühne, mal hinter den Kulissen ausgelebt. Offener Widerspruch und interne Blockaden nährten auf beiden Seiten den Hass. Rote und schwarze Minister erzählen einem seit Monaten unaufgefordert, wie sehr sie unter dem Stillstand mit Wahlkampf-Anstrich litten.
Die jetzt fahrlässig freigegebene Lizitiererei im Parlament und der kommende Wahlkampf werden uns den 15. Oktober mit jedem Tag mehr herbeisehnen lassen.
Die Wahlen im Oktober kommen nicht zu früh, sondern zu spät. Davor heißt es für jeden Wähler: Augen und Ohren auf, wer was wann und warum sagt.
Für uns Journalisten heißt es ab heute mehr denn je: Überall dabei sein, aber nirgendwo dazugehören.