TV-Duelle bleiben ein fragwürdiger Spaß
Von Josef Votzi
TV-Duelle bleiben ein fragwürdiger Spaß.
über Fernseh-Konfrontationen
Haiders Erben lagen sich zur besten Sendezeit live in den Armen. Blaue Blutsbrüder bekriegen sich nicht auf offener Bühne. Statt des angesagten TV-Duells flüchteten sich Heinz-Christian Strache und Josef Bucher zuletzt in ein Match zwei gegen eine – Moderatorin Ingrid Thurnher, die mit Fragen zur Kärntner Hypo-Pleite – der blau-orangen Erbsünde – tapfer nicht lockerließ. Frank Stronach verabschiedete sich mit galantem Geplänkel mit Eva Glawischnig von der TV-Bühne. Die Auftritte in den Elefantenrunden überlässt er seinen Mitstreitern – viel Porzellan gibt es für Stronachs Reserve-Elefanten ohnehin nicht mehr zu zerschlagen.
Zwei Dutzend Live-Debatten boten die TV-Sender; dazu kamen jede Menge Live-Chats im Internet; Leser-Fragen und Interviews gab es in den Zeitungen – auch im KURIER. Aber keine Spur vom Overkill, den Pessimisten befürchteten: Dreieinhalb Millionen Menschen verfolgten mindestens eine der ORF-Debatten. Das ist mehr als jeder zweite Wahlberechtigte.
Dick auf der Haben-Seite zählt nach diesem Polit-Marathon: Die Österreicher lassen sich ihr Interesse an Politik trotz überwältigender Politiker-Verdrossenheit nicht austreiben. Die bleibt aber brandgefährlich wie nie zuvor. Die überwiegende Mehrheit hält Politiker für „nicht vertrauenswürdig“. Ein Pauschal-Urteil, das ungerecht, unfair und oberflächlich ist. Einen nachhaltigen Beitrag zur Vertrauensbildung leistet das Dauercatchen im TV nicht. Da ist zum einen die vor allem im ORF gebotene Paarung „jeder gegen jeden“. Bei mildem Licht betrachtet ein TV-Angebot mehr zur Befriedigung des archaischen Bedürfnisses nach Gladiatoren-Kämpfen, zudem harmloser als etwa die Formel 1: Schließlich ist garantiert, dass am Ende alle körperlich unversehrt vom Kampfplatz gehen.
Einblick statt Durchblick
Politik als Dauer-Duell zwingt Zusehern aber nicht nur ein Zerrbild des politischen Alltags auf, das mit der Realität null zu tun hat. Den Akteuren macht es diese Inszenierung auch noch leichter, sich mit Scheingefechten durch den Wahlkampf zu schwindeln. Denn hinterher geht es fünf Jahre nicht um „jeder gegen jeden“, sondern einmal mehr um „wer mit wem“. Eine Frage, die den Akteuren im TV-Studio zunehmend erspart bleibt, um das Publikum nicht mit der ewig gleichen Antwort-Leier zu langweiligen: „Wir werden nach der Wahl sehen, mit wem wir die meisten ...“
Politik als Fernseh-Dauershow bringt vielleicht mehr privaten Einblick – aber nicht mehr politischen Durchblick: Wir wissen nach vier Wochen mit der Politik als Dauergast in unseren Wohnzimmern, dass der ÖVP-Chef zu Hause „der Herr des Kühlschranks“ ist und die Grünen-Chefin nach dem Strache-Duell „zur Entspannung zu Hause den Boden aufwischt“. Wie es um unseren Kühlschrank steht, wissen wir weiter nicht: Ob, wann und wie viel Geld uns dank einer überfälligen Steuersenkung mehr im Börsel bleibt, das verrät uns die alte/neue Regierung frühestens nach der Wahl.