Meinung/Kommentare/Innenpolitik

Schimpfwort Partei

Selten hört man noch Stimmen wie jene von Franz Vranitzky, der an die Modernisierbarkeit der Parteien glaubt

Mag. Michael Bachner
über Bewegungen und Parteien

Das grüne Ur-Gestein Peter Pilz ist noch gar nicht ganz draußen bei seiner alten Partei-Tür, schon reden er und seine Gefolgsleute nur noch von ihrer neuen Bewegung – und der Steigerungsform – der Bürger-Bewegung.

Der halb so alte Sebastian Kurz ist auch ein Bewegter. Alles neu in der alten ÖVP, lautet sein mehr oder weniger glaubwürdiges Motto. Die Bewegung Kurz, so scheint es, will möglichst wenig mit jener Volkspartei zu tun haben, aus der zwar alle Mitstreiter stammen, deren Altlasten sie aber rasch und rückstandsfrei entsorgen will.

Wobei: Gewählt wurde Kurz am Samstag noch auf einem Parteitag. Aber vielleicht nur deshalb, weil Bewegungstag mehr nach Spiel und Spaß klingt, als nach dem seriösen Anspruch aufs Kanzleramt.

Ganz selten hört man in diesen bewegten Zeiten noch Stimmen wie jene von Franz Vranitzky, der an die Modernisierbarkeit der guten alten Parteien glaubt – und die Bewegung für nicht viel mehr als einen Marketingschmäh hält. Fast verwunderlich ist deshalb, dass Christian Kern und Heinz-Christian Strache uns noch keine Bewegungen vormachen. Personen-Komitees und ähnliche Selbstbeweihräucherungs-Veranstaltungen interessieren keinen Wähler mehr. Eine Kanzler-Volk-und-Bürger-Rot-Weiß-Rot-Bewegung, das wär doch etwas...

Wie viel Inhalt, Substanz und letztlich Wählerpotenzial in solchen Bewegungen steckt, wird sich endgültig am 15. Oktober sagen lassen. Aber seit dem Sieg von Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl und dem Umstand, dass es die Kandidaten der Alt-Parteien nicht einmal in die Stichwahl geschafft haben, ist die Bewegung als "neue" politische Organisationsform zumindest in aller Munde. Die Nachrichten vom Tod der Parteien sind trotzdem maßlos übertrieben.