Österreich ist anders als Merkel-Land
Anders als in Österreich spielte der politische Liberalismus in Deutschland eine größere Rolle.
über die Unterschiede zu Deutschland
Vergleiche zwischen Deutschland und Österreich sind meistens unpassend. Schon die alte Bundesrepublik hatte acht Mal so viele Einwohner, seit der Wiedervereinigung heißt das Verhältnis 1:10. Die Struktur der Wirtschaft ist regional sehr unterschiedlich und politisch haben sich die beiden Länder schon deshalb verschieden entwickelt, weil die BRD von Anfang Mitglied der NATO, des westlichen Militärbündnisses, war.
Dennoch, die Schwesterparteien pflegten stets freundliche Kontakte, obwohl es wahrscheinlich nur ein Mal direkte politische Auswirkungen gab: Als SPD-Chef Willy Brandt im fernen Jahr 1969 beim dritten(!) Anlauf Bundeskanzler wurde, schwappte eine Wechselstimmung nach Österreich herüber. Ein halbes Jahr später gewann Bruno Kreisky die relative Mehrheit für die SPÖ.
Anders als in Österreich spielte der politische Liberalismus in Deutschland immer eine größere Rolle. Die FDP war zwar öfter nur knapp oberhalb der 5%-Grenze – so auch 1969, als sie Brandt zum Bundeskanzler machte – aber ihre Themen, von den Bürgerrechten bis zur deregulierten Wirtschaft, vertrat sie stets mit Vehemenz.
Unterschiedlich gestaltet sich auch die Lage der Sozialdemokratie. Die deutschen Grünen, die großteils aus linken Bewegungen hervorgingen, konnten wenigstens Regierungspartner der SPD werden. Aber mit den Linken kann die SPD nicht koalieren, da haftet noch zu viel kommunistischer Mief.
Protest oder Wechselstimmung?
Umgekehrt sind die CDU und die CSU in Bayern von rechts nicht bedrängt. So konnte sich die Union gerade unter Angela Merkel zu einer modernen Partei der Mitte entwickeln, die auch in den Städten stark ist. Die CDU hat, anders als die ÖVP, die großen Ballungszentren nie vernachlässigt. Sogar in SPD-Hochburgen wie Berlin oder Hamburg konnte sie viele Jahre lang eine Mehrheit erringen. Und es ist mehr als ein Symbol, dass im noblen Hamburg der frühere CDU-Bürgermeister Ole von Beust aus seiner Homosexualität nie ein Hehl machte. Ein Schwuler als Bezirksvorsteher in Döbling? Man sieht den Bürger pikiert die Nase rümpfen.
Regierungen müssen immer damit rechnen, dass ein Teil der Wähler mit Entscheidungen nicht zufrieden ist, in Zeiten geringen Wachstums erst recht. Auch hier laufen die politischen Entwicklungen unterschiedlich. In Deutschland wollten nur 4,7% der Wähler dem Euro-System ein Ende bereiten und wählten die Alternative für Deutschland. In Österreich gehen FPÖ, BZÖ und Stronach als Euro-Abschaffer in die Wahl. Und die ÖVP wird auch noch von den Neos angeknabbert.
Eine Wechselstimmung gab es in der Bundesrepublik nicht. Also hofft die SPÖ, dass die Österreicher ebenfalls ihren Kanzler behalten wollen. Allerdings hatte Merkel eine Zustimmung weit über ihre eigene Partei hinaus, die bei uns schon lange kein Politiker hatte. Merkels neue Macht hilft bei uns also niemandem.
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