Mit Juncker gibt es keine Reformen mehr
Die EU gehört dringend reformiert, aber das wird nur mit mehr Gemeinsamkeit funktionieren.
über die EU-Kommission
Im Februar hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker angekündigt, nicht mehr für das Amt kandidieren zu wollen. Das hätte ihn für mutige Vorschläge und Ideen frei machen können. Aber das neue Weißbuch der EU-Kommission zeigt, dass von dem Luxemburger nichts mehr zu erwarten ist. Fünf Szenarien werden beschrieben, wie sich die Europäische Gemeinschaft weiterentwickeln könnte. Das hätten ein paar Politologen auch geschafft. Politiker müssen Pläne vorlegen und umsetzen, gerade jetzt, wo die Gemeinsamkeit in Europa so wichtig ist wie nie zuvor.
Nationale Regierungen werden und sollen das Vakuum in Brüssel nützen, aber hoffentlich nicht mit Rufen wie ÖSTERREICH ZUERST, wie wir es bei uns hören, oder BAYERN ZUERST, wie es gestern beim Aschermittwoch tönte. Das sind Bierzeltparolen oder Wahlkampfslogans, mit denen die Menschen verführt und getäuscht werden.
In Österreich arbeitet die SPÖ an einem Plan E für die Reform der Europäischen Union, von dem wir noch nichts wissen, ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz lässt ein Konzept erstellen, von dem er nur einige Eckpunkte bekannt gab. Bisher ist nur klar: Weniger Bürokratie in Brüssel – eine populäre Forderung, so etwas klingt immer gut. Aber im Alltag werden unsere Unternehmen seltener von "Brüssel", dafür aber stärker und oft unsinnig von heimischen Behörden gequält. Weiters: Nicht mehr ein Kommissar pro Land. Das zu ändern ist sinnvoll, aber bisher haben kleine Länder wie Österreich auf einem dieser Spitzenposten beharrt. Auch mehr Subsidiarität ist immer gut, aber bei zwei großen Themen ist mehr Europa nötig: Zunächst in der Finanz- und Steuerpolitik, wo wir für den Euro mehr Koordination und bei den Steuern weniger Schlupflöcher brauchen.
Österreich profitiert am meisten von der EU
Dann das große Thema Sicherheit: Eine gemeinsame Verteidigungspolitik ist bisher gescheitert, die Sicherung der Grenzen macht einen neuen Anlauf sinnvoll. Aber da müssen wir so ehrlich sein, dass die Neutralität sehr großzügig ausgelegt werden müsste. Eine EU-Armee, die abgekoppelt von der NATO und den USA wäre, wie das die FPÖ neuerdings will, brächte weniger Sicherheit. Das wünscht sich nur Wladimir Putin. Und wenn FPÖ-Chef Strache die französischen Atomwaffen unter gemeinsame Kontrolle stellen will, dann soll er das zunächst mit Parteifreundin Marine Le Pen diskutieren.
Die EU gehört dringend reformiert, aber das wird nur mit mehr Gemeinsamkeit funktionieren. Kein Land profitiert wirtschaftlich so stark von der EU wie Österreich. Diese Botschaft sollte die Politik auch verbreiten und dazusagen, dass in einer Gemeinschaft nicht einer alle anderen behindern darf. Das bedeutet auch mehr Entscheidungen im EU-Rat, wo sich eine Mehrheit durchsetzen kann. Wer wirklich für die Österreicher was tun will, sorgt für eine besser funktionierende EU, anstatt "Österreich zuerst"-Sprüche zu klopfen.