Mit geradem Rücken lebt man auch besser
Der Züricher trieb den Österreichern endlich aus, immer nur von der großen Vergangenheit zu träumen.
über Marcel Koller
Schön langsam wird der Mann unheimlich. Jetzt beweist Marcel Koller auch noch Humor und setzt sich mit Baskenmütze und Baguette vor die Journalisten. Viele von ihnen waren sehr skeptisch, als der Schweizer vor knapp vier Jahren nach Österreich kam. Ein vertraut-verhabertes Gesicht wäre ihnen lieber gewesen. Nur KURIER-Sportchef Bernhard Hanisch schrieb damals: "Einen Fachmann wie ihn gibt es in Österreich nicht."
Das war schon ein guter Grund, für Koller zu sein, andere kamen dazu. Der Züricher trieb den Österreichern endlich aus, immer nur von der großen Vergangenheit zu träumen. Der absurde Cordoba-Mythos eines unwichtigen Sieges über Deutschland ist seit dem extrem wichtigen Triumph von Stockholm hoffentlich wirklich Geschichte. Dann waren es Koller und seine Burschen, die sich gegen die Gratiszeitung Österreich wandten, weil diese Interviews erfunden hatte. Hier bewiesen die Fußballer einen Mut, den man Politikern und Generaldirektoren nur wünschen kann. Und vor dem Spiel gegen Schweden ließ sich das Nationalteam nicht davon abhalten, ein Plakat für die Flüchtlinge zu zeigen. Die UEFA wollte das verhindern.
So verdanken wir Koller neben dem historischen Erfolg, dass sich Österreicher im 14. Anlauf erstmals die Teilnahme an der Europameisterschaft erspielt hat, zumindest drei Erkenntnisse: Mythen verstellen die Sicht auf die Realität. Harte Arbeit bringt mehr als die hierzulande beliebte Emotionsschaukel zwischen "Wir sind die Größten" und "Keiner hat uns lieb." Und: Wer keine Angst (auch vor Erpressern) hat und aufrecht durchs Leben geht, lebt fröhlicher und erfolgreicher. Danke dafür.