Meinung/Kommentare/Innenpolitik

Putin, ein Fall für Merkel

Putin, ein Fall für Merkel.

Josef Votzi
über die Krim-Krise

Kurse im Keller; Schlangen vor Banken; die Lunte loderte schon. Das war brandgefährlicher als die ersten Warnschüsse für ukrainische Soldaten. Nach dem ersten öffentlichen Auftritt von Wladimir Putin seit Ausbruch des Nervenkriegs um die Krim setzen die Märkte wieder auf Entspannung. Noch ist die Gefahr nicht gebannt, dass sich am kalten Krieg ein heißer Wirtschaftskrieg entzündet. Jetzt ist die Stunde der nüchternen Analysen und der beherzten Realos.

Der Industrielle Hans Peter Haselsteiner kennt die russische Seele wie wenige Österreicher. "Die Ukraine hält ein Einladungsschreiben der NATO in Händen. Es ist naiv zu glauben, dass das die Russen nicht tangiert", sagt er: "Der Westen bezahlt einen hohen Preis, dass man es 1989 verabsäumt hat, einen Gürtel aus neutralen Staaten zu schaffen." Die Vorstellung eines neutralen Pufferstaats nach Vorbild Österreichs an der EU-Außengrenze ist wohl gelaufen. Nicht zu spät ist es für eine Neutralisierung des Konflikts. Der frühere Sicherheitsberater des deutschen Kanzlers Helmut Kohl, Horst Teltschik, der keinen Ziegelstein in Sotschi verbaut hat, und dem niemand eine "hidden agenda" unterstellen kann, sagt im KURIER: "Wenn die EU die Zusammenarbeit mit der Ukraine ausweiten will, dann muss sie Russland immer miteinbeziehen." "Kohls Mädchen", Angela Merkel, hat bisher auffällig geschwiegen. Über ihr jüngstes Gespräch mit Putin wird nur ein Satz kolportiert: "Er lebt in einer anderen Welt." Wem, wenn nicht ihr, ist zuzutrauen, dass sie zum Krisengipfel der EU-Regierungschefs morgen mehr mitbringt als diesen resignativen Befund. Merkel hat mit ihrem Nein den Wunsch des scheidenden US-Präsidenten George W. Bush vereitelt, 2008 grünes Licht für die Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die NATO zu geben. Sie hat allen Grund, Putin jetzt daran zu erinnern.