Ein sauberes Land braucht mehr Verräter
Von Josef Votzi
Gegen schamlose Gier hilft nur die Angst vorm Mitwisser, der gefahrlos auspacken kann.
über den Telekom-Prozess
Der orange Ex-Wahlkampfmanager sagt am Dienstag: „Es war mir egal, woher das Geld kommt.“ Der Chef der Werbefirma, der den BZÖ-Werbe-Deal an Land zieht, stellt dafür falsche Rechnungen aus: „Ich wollte nicht darauf (auf den Ausgaben für Werbeleistungen) sitzen bleiben. Ich habe akzeptiert, dass ich das so abwickeln musste.“ So heißt, laut Staatsanwalt: Das BZÖ bestellt beim angeklagten Werbe-Unternehmer PR-Konzepte und Inserate. Die Rechnung schickt dieser an die Telekom, getarnt als Forderung für eine Studie über die Glücksspiels-Branche – oder andere Scheinprojekte. Die Telekom zahlt und zahlt und zahlt ...
Rund 1 Million Euro floss so zwischen Haiders Saubermännern a.D. und dem teilstaatlichen Konzern. Die, derer die Justiz bisher habhaft werden konnte, sitzen jetzt auf der Anklagebank. Dort steht aber mehr als ein weiteres dunkles Kapitel der Ära Haider zur Verhandlung. Denn zu verdanken hat die Justiz auch diesen Prozess einem erstmaligen Experiment. Die Anklage fußt auf dem Insider-Wissen des Ex-Telekom-Bosses Gernot Schieszler. Dieser löste damit einen Prozessreigen aus, der schon zu Haft-Urteilen führte. Weil er auspackte, kauft er sich selber als erster Kronzeuge von jeder Straf-Anklage als Mittäter frei.
Ein Deal wie dieser hinterlässt immer einen Hautgout. Nase rümpfen bleibt hier aber ein nicht leistbarer Luxus. Wer beim illegalen Geben und Nehmen mitmacht, konnte bisher sorglos davon ausgehen, dass alle Mittäter aus Selbstschutz für immer schweigen. Österreich braucht aber mehr Mittäter, die zu „Verrätern“ werden. Gegen schamlose Geldgier hilft nur nackte Angst: Der Kronzeuge von gestern ist die beste Schutzimpfung gegen den Korruptionisten von morgen.