Meinung/Kommentare/Innenpolitik

Ein Auslaufmodell namens Wachzimmer

Wer die Schließung kleiner Polizeiposten reflexartig ablehnt, macht die Gemeinden damit nicht sicherer.

Dr. Christian Böhmer
über die Polizeireform

Wann immer sich eine Landes- oder Bundesregierung anschickt, Abteilungen von Spitälern, Gemeindeämter oder – wie gerade eben – Polizeidienststellen zu schließen, löst sie den immer gleichen Reflex aus: Provinzgrößen geben sich empört, man zetert gegen die abgehobene Obrigkeit und droht mit erbittertem Widerstand.

Nun ist es verständlich, ja sogar sympathisch, wenn sich Bürgermeister für die Interessen ihrer Bevölkerung ins Zeug legen – genau dafür wurden sie gewählt.

Im konkreten Fall ist gut gemeint aber wieder einmal das Gegenteil von gut.

Was schafft denn Sicherheit? Vor allem die physische Präsenz von Polizistinnen und Polizisten vor Ort.

Wer meint, man müsse sich – wie weiland in der Monarchie – möglichst viele, weit übers Land verstreute Wachzimmer halten, unterliegt einem Denkfehler.

Warum, das illustriert das Beispiel Bayern: Im Unterschied zu Wien wird der Großraum München nicht von 100, sondern von „nur“ 25 Inspektionen bewacht.

Interessanterweise sind die Münchner deutlich mehr unter den Menschen als hiesige Beamte: Ein Münchner Ordnungshüter verbringt 70 Prozent der Arbeitszeit auf Streife, ein Wiener „nur“ 40.

Der Grund für diesen frappanten Unterschied: In München wird die zwangsläufig anfallende Bürokratie (Diensteinteilung, Schriftverkehr zwischen Dienststellen, etc.) zentral von Spezialisten erledigt. Der Einzelne hat mehr Zeit, um zu Fuß oder im Auto zu „streifen“; man „verteilt sich in der Fläche“, wie es so schön heißt – und ist insbesondere bei entlegenen Notfällen schneller vor Ort.

Bleibt die Frage: Was genau missfällt den widerspenstigen Bürgermeistern jetzt an diesem Szenario?