Die digitale Welt spricht amerikanisch
Die wichtigsten Server werden von US-Firmen kontrolliert. Sie lauschen, wir dürfen dabei zusehen.
über die digitale Welt
Ed Snowden hat die Gesetze seines Landes gebrochen. Der 29-jährige ehemalige Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes weiß das natürlich und ist jetzt auf der Suche nach einem Asylland. Aber was wäre denn ein Asylgrund? Die USA sind ein Rechtsstaat und sollen das in einem Verfahren auch beweisen. Der junge Spion kann ja versuchen, auf „übergesetzlichen Notstand“ zu plädieren. Er wollte, sagt er, die Welt vom Weg in die permanente Überwachung aller Lebensbereiche retten.
Die Affäre zeigt uns deutlich, dass US-amerikanische Unternehmen die digitale Welt dominieren. Es ist ja lieb, dass uns Google versprochen hat, nichts Böses zu tun – „do no evil“ – aber in China akzeptiert man die Zensur, etwa der Falun-Gong-Sekte. Bei Facebook wiederum entscheiden amerikanische Geschmacksrichter, welche Fotos genehm sind, und Amazon hat seine Server für Wikileaks-Urkunden gesperrt. Inwieweit diese Konzerne beim weltweiten Ausspionieren hilfreich waren, wird man noch erfahren.
Völlig unglaubwürdig ist inzwischen Präsident Barack Obama. Im Gespräch mit dem neuen chinesischen Staatschef Xi Jinping hat er gerade für gemeinsame Aktionen gegen Cyber-Kriminalität geworben. Will er mit den Chinesen gemeinsam spionieren? Vor dem Auftritt Snowdens begrüßte Obama die öffentliche Debatte über Internet-Spionage, jetzt ist er auf Tauchstation.
Und wer passt auf unsere Privatsphäre auf? Ach ja, die EU-Kommission wäre zuständig. Immerhin, sie zeigte sich besorgt. Und Frau Merkel will das Thema ansprechen, wenn Obama demnächst nach Berlin kommt. Das war’s. Die digitale Welt spricht amerikanisch.