Die potemkinsche Lösung einer Krise
Von Stefan Schocher
Der Besuch von Außenminister Kurz in Libyen ist ein Speeddating mit einer Regierung, deren Einfluss enden wollend ist.
über den Kurz-Besuch in Libyen
Man kann es sich noch so sehr wünschen, es erbitten, herbeibeten oder ersehnen – aber Libyen ist und bleibt, was es ist: Ein Land, das feststeckt in einem Bürgerkrieg, in dem die international anerkannte Regierung kaum Einfluss hat und sich militärisch auf Stammesmilizen stützt, die wiederum in wechselnden Allianzen kämpfen. Österreichs Außenminister Kurz besuchte am Montag für wenige Stunden Libyen – derart kurz wegen der Sicherheitslage. Willkommen beim Hoffnungsanker mancher in Nordafrika.
Man muss sich mit Libyen auseinandersetzten und man muss mit Libyen intensiv reden, das ist klar – aber vor allem mit dem Ziel, den Krieg zu beenden und einen Staat aufzubauen. Kurz hat das als Ziel genannt. Letztlich aber will er die Mittelmeerroute schließen. Und dazu braucht es ein stabiles Libyen. Für eine Stabilisierung dieses Landes aber braucht es Geld und sehr viel Zeit.
Wie Kurz zu glauben, dass die von Despotismus und Krieg gezeichneten Staaten Nordafrikas Europas Probleme in der Flüchtlingsthematik lösen werden können, ist eine Einbahnstraße. Dabei sagt schon alleine die dahingehende vielfach geäußerte Hoffnung einiges über den Zustand der EU aus: Ursache und Lösung liegen bei anderen, nicht bei uns – bei fataler Verkennung, dass die eigene Zuflucht in nationalstaatliche Lösungsversuche in dieser Krise noch kein einziges Problem gelöst und EU-intern nur Streit gebracht hat. Bei diesem Spiel hat auch Kurz kräftig mitgetan.
Was es braucht, sind pragmatische, konsensorientierte vor allem aber auch systematische Lösungsansätze mit langem Atem über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Was es nicht braucht, sind nationale Alleingänge und populistische Effekthascherei.