Die "Eiskönigin" und der Schlammasselstaat
Von Andreas Schwarz
Die "Eiskönigin" und der Schlammasselstaat
über Griechenland
Am Fall Griechenland haben wir zuletzt zwei Dinge gelernt: Eine Regierung kann zur Not auch etwas beschließen, das sie – und das befragte Volk – eigentlich ablehnt. Und der Wirtschaftsnobelpreis schützt vor Torheit nicht.
Paul Krugman hat sich an die Spitze einer munteren Twitteria gesetzt, die seit einer Woche unter dem Hashtag "ThisIsACoup" den "bösen Deutschen" wieder aufleben lässt. Von Merkel’scher "Vergeltungspolitik" ist die Rede, an Vergleichen zum Dritten Reich mangelt es nicht. Der US-Volkswirtschaftsprofessor selbst schreibt in seinem Blog, die Forderungsliste der Eurogruppe an Griechenland sei "ein Wahnsinn", mehr noch: reine Rachsucht mit " Zerstörung nationaler Souveränität ohne Hoffnung auf Erleichterung". Auf dieser Welle segeln in ihren jüngsten Ausgaben der deutsche Spiegel ("Das Diktat") und der Stern ("Eiskönigin" Merkel, vor der sich ganz Europa fürchtet), fröhlich mit.
Ja geht’s noch? Griechenland ist in Zeiten der Finanzkrise tiefer als alle anderen EU-Staaten ins Dilemma gestürzt. Weil es seine Wirtschaft nicht auf tragfähige Beine gestellt hat. Weil es Reformen verschlafen, ja mutwillig verhindert hat – nach dem Motto: Steuermoral ist etwas für Lulus; der öffentliche Sektor ernährt sich gut; wo’s nicht reicht, reicht das Schmiergeld; die Besitzenden sind der Staat und damit unantastbar – der Rest der Griechen hat ohnehin damit leben gelernt.
Weitergelebt wie bisher
Europa ist seit 2010 dennoch eingesprungen. Mit Zusagen für kaum einbringbare Kredite von mehr als 240 Milliarden Euro. Und mit der irrigen Annahme, dass Druck in Richtung Reformen zur Gesundung des ungesunden Staatswesens beitragen würde.
Griechenland hat weitergelebt wie bisher. Ein paar erzwungene Schnitte da, ein paar Kürzungen dort – die Nicht-Habenden hat es getroffen, die Oligarchen, die ihre Milliarden außer Landes geschafft haben, nicht. Die ließen ihre TV-Stationen gegen Veränderungen poltern. Unterstützt von einer naiv juvenilen Linken, die mit dem Versprechen an die Macht gekommen ist, den Griechen das "Reformdiktat" aus Brüssel abzuwenden.
Jetzt, wo diese Illusion geplatzt ist, ist Feuer am Dach. Und Alexis Tsipras winkt für weitere Hilfen Reformen durchs Parlament, von denen niemand weiß, ob und wie seine zerbröselnde Regierung sie umsetzen wird. Vom Umdenken in Griechenland gar nicht zu reden.
Und da schreibt Herr Krugmann von deutscher "Rachsucht" und davon, dass einzig ein Schuldenschnitt hülfe? Nur weil sich ein paar Träumer geirrt haben im Glauben, dass eine Chaos-Truppe à la Tsipras Anstoß für ein neues Europa sein könnte? Nur weil sie sich in der Hoffnung trogen, dass es die EU zerreißen könnte am Marginal-Problem Griechenland – marginal im Vergleich zu dem, was die EU alles noch zu stemmen hat und stemmt?
Der "böse Deutsche" muss übrigens auch bei der Rechten herhalten: Merkel führe das "Vierte Reich", sagte jüngst Italiens Lega Nord-Chef. Argumentative Einfalt kennt offenbar keine ideologischen Grenzen.