Bitte jetzt erst recht: Fakten statt Emotionen
Man kann über Donald Trump moralisch urteilen: Die westliche Supermacht wird künftig also von einem Narzissten regiert, der darauf stolz ist, dass er jeder Frau zwischen die Beine greifen kann, weil er ja so berühmt sei, wie er sagte. Man kann über Trump auch inhaltlich urteilen: Er ist froh über die Erderwärmung, weil es in New York ohnehin zu oft schneit – das hat er einmal getwittert. Ernsthaft. Aber wir Europäer MÜSSEN Trump in erster Linie beurteilen, indem wir an unsere Interessen denken. Und da wundert man sich über alle Politiker, vor allem sogenannte Populisten, die Trumps Sieg bejubelt haben. So deutlich machen Politiker, die sich volksnah geben, selten, dass es gar nicht um die Interessen ihres Volkes geht. Boris Johnson, der Brexit-Lügner, hat wenigstens so getan, als denke er an Großbritannien und die Briten. Strache, Le Pen und Co. weigern sich hingegen, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen, nämlich, dass ein Präsident Trump sich aus jeglicher internationaler Verantwortung zurückziehen will, weil er glaubt, so "America great again" zu machen. Er wird uns dadurch schaden.
Bleiben wir bei der Erderwärmung, die nur von ganz dummen Menschen geleugnet wird. Wenn die USA den Klimavertrag aufkündigen und mehr CO2 in die Erdatmosphäre blasen, was sollen wir dann tun? Auch verstärkt die Luft verschmutzen oder unsere Industrie einschränken? Beides keine guten Optionen. Und wenn Trump auf Wirtschaftsprotektionismus spielt, also weniger europäische Produkte ins Land lässt: Was dann? Alle McDonald’s sperren? Wirtschaftskrieg?
Sicherheit und Neutralität
In einer Frage geht es um noch viel mehr, nämlich um unsere Sicherheit. Artikel 5 des NATO-Vertrages sieht den "Bündnisfall" vor: Ein Angriff auf ein NATO-Mitglied gilt als Angriff auf alle anderen, eine beachtliche Abschreckung. Trump will das nicht ernst nehmen. Kann uns das als neutrales Land gleichgültig sein? Nein. Ein Angriff Russlands auf einen baltischen Staat brächte Krieg in einer Dimension nach Europa, die den Konflikt um die Krim oder die Ukraine wie gemütliches Paintball-Schießen aussehen ließen. Ex-Kanzler Helmut Kohl hat in einem Hintergrundgespräch zu Zeiten des Sowjetkommunismus den österreichischen Korrespondenten wohl zu Recht einmal darauf hingewiesen, dass uns nicht das Bundesheer schütze, sondern die Abschreckung durch die NATO.
Wenn sich die USA also nicht mehr um die Sicherheit in Europa kümmern und die EU es tatsächlich schaffen sollte, ein gemeinsames Sicherheitskonzept zu entwickeln, inklusive EU-Armee – was soll Österreich tun? Sehr schnell klären, wo unsere Interessen liegen. Nämlich in der Aufrechterhaltung von Frieden und Freiheit. Der russische Präsident kann durch die ökonomische Schwäche seines Landes noch gefährlicher werden. Wenn sich USA und NATO zurückziehen, könnte uns nur eine EU-Armee schützen. Gerade wenn wir neutral bleiben wollen, werden wir mit ihr zusammenarbeiten müssen.