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Asyl: Europa ist kein separater Planet

Europa ist kein separater Planet

Stefan Schocher
über Asyl

Die Welt steht derzeit vor der größten Flüchtlingstragödie seit dem Zweiten Weltkrieg – das ist keine subjektive Weltschmerzrhetorik oder missbräuchliches Superlativen-Gerede. Es ist ein Faktum: Laut UNHCR sind derzeit mehr als 51 Millionen Menschen auf der Flucht, mehr als jemals zuvor seit 70 Jahren. Syrien, der Irak, die Ukraine sind nur die Spitze eines Krisen-Eisberges, der sich unter der medialen Wahrnehmungsschwelle in Zentralafrika oder dem Südsudan fortsetzt. Und wenn dann in einem europäischen Staat – nehmen wir einmal an Österreich – gestritten wird, wie 2000 Unterkünfte aufgetrieben werden, stellt sich doch die Frage: Darf denn das wahr sein?

Ja, es gibt Probleme beim Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge unter den europäischen Staaten; und ja, es gibt auch ein Ungleichgewicht; und ja, Ströme derartigen Ausmaßes sind eine Herausforderung. Nur, es dürfen nicht in Not befindliche Menschen sein, auf deren Rücken sich politische Inkompetenz und Kleinkrämerei oder Kompromissverweigerung abladen. Sie sind die falschen Adressaten. Und das durchaus berechtigte Argument, auf der Flucht befindlichen Menschen in der Region eine Chance bieten zu müssen, ist leider nicht mehr als schönfärberisches Gerede, wenn staatliche Entwicklungshilfe-Budgets und Katastrophen-Fonds bis zur Belanglosigkeit gekürzt werden.

Wer jetzt meint, Abschottung sei die Lösung – weil uns diese ganze Misere ja nichts angehe: Europa ist kein separater Planet im Orbit – Menschen verlassen für gewöhnlich äußerst ungern ihr gewohntes Lebensumfeld; Flüchtlinge werden kommen, ob es uns passt oder nicht. Die Frage ist nur: Finden wir Wege, ihnen einen legalen Status und damit zumindest eine Chance zu geben, oder nicht.